Ein KI generiertes Bild eines futuristischen stilisierten Stadtplans.

Wie KI Städte verbessern kann

Ein neues KI-Tool soll bei der Weiterentwicklung von Städten und Straßen unterstützen. Das aus China stammende Modell kann bei der Umsetzung von “15-Minuten-Städten“ helfen und CO2-Emissionen reduzieren. //Von Jörn Wiegard

Künstliche Intelligenz (KI) hat seit ChatGPT und Midjourney stark an Bekanntheit gewonnen. Doch KI-Tools können mehr als nur Texte und Bilder entwerfen. Sie simulieren Stimmen und lernen Computerspiele. Die Fähigkeit, große Datenmengen auszuwerten, macht sie ebenso attraktiv für Forschung und Wirtschaft.

Neues KI-Tool aus China

Im September veröffentlichten Forscher der Pekinger “Tsinghua University” einen Fachartikel welcher ihr neu entwickeltes KI-Modell vorstellt. Es soll dabei unterstützen, urbane Gebiete neu und effektiver zu strukturieren.  Das Team hat dabei untersucht, wie der von ihnen entwickelte Code dazu beitragen kann, den gegebenen Platz in Städten besser zu nutzen. Ihr Modell wurde entwickelt, um eine neue datenbasierte Methode in die Arbeit der Stadtplanung einzubringen. Die KI kann einen Stadtplan 3000-mal schneller als menschliche Experten erstellen, ohne dass Einbußen in der Qualität entstehen.

In 15 Minuten an jedem Ort

Das KI-Modell ist unter anderem dazu fähig, die Struktur einer sogenannten 15-Minuten-Stadt, für eine gegebene urbane Fläche zu generieren. Das Konzept wurde 2016 in Paris entwickelt. Demnach sollen wichtige Orte des Alltages wie Schulen, Läden oder Parks so positioniert sein, dass sie für die Anwohner innerhalb von mindestens 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen sind. Das Konzept kann mit der Eindämmung der Luftverschmutzung durch private Fahrzeuge die Lebensqualität verbessern. Laut den Forschern lässt sich die KI vielseitig anwenden, um Flächennutzungs- und Straßenpläne zu generieren. Diese lassen sich den spezifischen Gegebenheiten wie Straßen verschiedener Orte anpassen.

KI in der Städteplanung

Die Wissenschaftler testeten ihre Software sowohl theoretisch mit simulierten Orten als auch anhand reeller Beispiele. Die KI strukturierte die Stadtpläne zweier Pekinger Vororte um. Dabei wurden bisherige Straßenverläufe beibehalten. Das Ergebnis: auf einer Fläche von vier Quadratkilometern wurden Orte des täglichen Bedarfs (Schulen, Krankenhäuser, Geschäfte, Büros und Freizeiteinrichtung wie Parks) so positioniert, dass sich die Erreichbarkeit für Bewohner erhöhte. Nach dem 15-Minuten-Prinzip befanden sich nun mehr Bedarfsorte innerhalb eines 500-Meter-Radius um die jeweiligen Wohnblocks.

Um die Leistungsfähigkeit des Modells zu prüfen, wurden zusätzlich acht Stadtplaner und Stadtplanerinnen eingeladen, die mit derselben Ausgangssituation konfrontiert wurden. Ihre Vorschläge waren der KI leicht unterlegen. Allerdings sollen Stadtplaner und Stadtplanerinnen nicht durch die KI ersetzt werden, sondern unterstützt. So können sie sich auf die konzeptionelle Arbeit konzentrieren und das zeitaufwändige Rechnen der KI überlassen. Ein kollaborativer Arbeitsablauf von KI und Menschen konnte die Erreichbarkeit von beispielsweise Dienstleistungen um 12.3 Prozent verbessern.

Blick auf Deutschland

Deutschland wird in Zukunft wahrscheinlich neue Ansätze in der Städteplanung benötigen. Laut Dita Leyh, Stadtplanerin und Professorin im Fachbereich Architektur der Hochschule Darmstadt, stellt die wachsende Weltpopulation Städte vor große Herausforderungen. Bis 2030 sollen 60 Prozent aller Menschen in Städten leben, so das Statistische Bundesamt. Laut Leyh stoßen diese jetzt schon 70 Prozent der CO2-Emissionen aus. Des Weiteren merkte Leyh an, dass die Vielzahl an baurechtlichen Hürden oft den schnellen Fortschritt hemmt. Ämter müssten eng zusammenarbeiten, um eine erfolgreiche Stadtplanung mit KI zu realisieren.

Umbau und Neubau

Methoden der künstlichen Intelligenz könnten also bei der Platzierung von Straßen und Gebäuden unterstützen. Alexander Hagg, der zum Thema Ko-Kreative Prozesse mit künstlicher Intelligenz promovierte, sagt, dass es in Deutschland ein erfolgreicher Ansatz sein kann, wenn die gegebenen Strukturen umgedacht werden. Der Experte für maschinelles Lernen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg erläuterte, dass eine geänderte Straßennutzung mit mehr Radwegen eine Mobilitätswende begünstige. Mehr Bewegung ist ein wichtiger Faktor zur Verbesserung der Lebensqualität. Besonders die Stadt Amsterdam sei mit ihrem Verkehrskonzept ein Vorbild.

Mehr zugewiesener Platz für Grünflächen auf den Straßen kann zu einer umweltfreundlicheren Stadt führen. Versiegelte Flächen führten oft dazu, dass Städte sich aufheizen. Dies müsse vor dem Hintergrund des Klimawandels zukünftig verhindert werden. Insbesondere Bäume spielen dabei mit ihrem Verdunstungs- und Schatteneffekt laut Hagg eine Rolle. Haggs Arbeit trägt dazu bei, dass KI in Bonn ihren Weg in die Praxis findet: Er unterstützt unter anderem die entstehende Neue Stadtgärtnerei Bonn. In seinem Projekt nutzt er KI, um Eigenschaften von Neubauten vorhersagen zu können. So wird frühzeitig prognostiziert, ob beispielsweise Kaltluftströme gestört werden, die wichtig für die Abkühlung der Stadt sind.

Teaserbild: Ein KI generiertes Bild eines futuristischen stilisierten Stadtplans. (Adobe Firefly)

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Jörn Wiegard