In den letzten Jahren kam es am Mehlemer und Godesberger Bach immer wieder zu starken Überschwemmungen. Gerissene Kanäle, unterspülte Häuser und überflutete Straßen waren die Folge. Das Tiefbauamt der Stadt Bonn hat dafür eine Lösung gefunden. //Von Boris Müller und Daniel Kühnel
20.06.2017//Normalerweise führt der Mehlemer Bach 120 Liter Wasser die Sekunde in den Rhein. Wenn aber der Regen wie im vergangenen Jahr sintflutartig im Einzugsgebiet des Mehlemer und Godesberger Baches niederschlägt, multiplizieren sich die 120 Liter mit dem Faktor 450 auf einen Durchfluss von rund 54.000 Liter pro Sekunde – also etwa so viel wie der Inhalt eines großen Tanklastwagens.
Fehlalarm unwahrscheinlich
Das Bonner Tiefbauamt hat in Bonn Mehlem einen Alarmpegel als Hochwasser-Warnanlage am Mehlemer Bach installiert. Ein mittig über dem Bach befestigter Radarsensor misst permanent den Wasserstand. Dabei reflektiert die Wasseroberfläche die vom Sensor gesendete Radarwelle. Aus der Zeit, die die Radarwelle für den Hin- und Rückweg benötigt, errechnet die Anlage den aktuellen Pegel. Eine Kamera überträgt abhängig vom Wasserstand ein Videosignal an die Leitstelle der Bonner Feuerwehr. Doch bevor der Alarmpegel seine Pilotphase im April abschließen konnte, mussten Techniker und Ingenieure die Energieversorgung, über die eigens installierten Solarpanel, optimieren.
Überflutungsgefahr bei Starkregen
Insbesondere in der warmen Jahreszeit kommt es immer wieder zu starken Regenfällen. Hochwasser mit überfluteten Straßen und Kellern sind die Folgen. So kam es auch im Juni letzten Jahres in Mehlem und Bad Godesberg zu Überschwemmungen. Der Mehlemer Bach konnte die Wassermassen nicht mehr ableiten, die Straßen wurden überflutet und Häuser mussten evakuiert werden. Noch schlimmer traf es die Bad Godesberger Innenstadt: Auch der Godesberger Bachkanal war mit den Wassermassen überfordert, was dazu führte, dass viele Keller und Tiefgaragen überflutet wurden. Darunter auch die Tiefgarage der Fronhofer Galeria. Sanierungs- und Trockenarbeiten mussten vorgenommen werden, damit das Einkaufszentrum im Dezember wiedereröffnen konnte – also erst mehrere Monate nach dem Unwetter.
High-Tech am Mehlemer Bach: Interview mit Tiefbauamtsleiter Peter Esch
Innovative Mess- und Warneinrichtung
Pegelmessstellen sind zwar nicht neu, bieten aber eine hohe Zuverlässigkeit. "Das Verfahren mit Radarmessung gibt es bereits vielfach, es ist also ein erprobtes System", erläutert Peter Esch. Was den neuen Alarmpegel am Mehlemer Bach jedoch von herkömmlichen Messstellen unterscheidet, ist die gleichzeitige Nutzung eines Radarmesssystems und Kameras zur permanenten Videoübertragung: "Dass man mit so einem System aber einen Bach lückenlos überwacht und gleichzeitig Videobilder überträgt, da sind wir nicht nur in der Region Vorreiter, sondern unserer Kenntnis nach sogar deutschlandweit." Um den Hochwasserschutz am Mehlemer Bach noch weiter zu verbessern, legt das Tiefbauamt einen Entlastungskanal von der Bachemer Straße bis zum Rhein an. "Die Messstelle an der Bachemer Straße haben wir als Pilotstelle gewählt, weil wir dort das Einlaufbauwerk für den Entlastungskanal bauen werden", so Esch.
Im Gefahrenfall sind vor allem die Einwohner gefragt, sich selbst zu schützen, noch bevor die Feuerwehr vor Ort eintreffen kann. "Anwohnern im Einzugsbereich bieten wir Informationsveranstaltungen zum Thema Hochwasserschutz an. Dort können Besucher an unterschiedlichen Stationen verschiedene Vorsorgemaßnahmen ausprobieren und sich so auf den Ernstfall vorbereiten", sagt Jochen Stein, Amtsleiter der Feuerwehr Bonn.
Frühwarnung ab Juli möglich
Der für die Testphase genutzte Alarmpegel am Mehlemer Bach hat die Stadt Bonn rund 18.000 Euro gekostet. Auf Grund der erfolgreichen Testphase und der gesammelten Daten und Ergebnisse durch das Pilotprojekt, sind bereits sieben weitere Alarmpegel in Planung. Drei der neuen Pegel werden in Mehlem installiert, vier der Alarmpegel sollen zur Überwachung des Godesberger Bachs genutzt werden. Sobald die restlichen Messstellen installiert sind, erfolgt im Gefahrenfall zusätzlich eine Frühwarnung über die Smartphone-Warn-App NINA. "Das Ausschreibungsverfahren ist im Gange. Ich gehe davon aus, dass wir im Juli so weit sein werden, dass die Pegel installiert sind", erläutert Esch. Die Finanzierung erfolgt aus den Haushaltsmitteln der Stadt Bonn, wobei sich die Gesamtkosten für die Alarmpegel auf rund 150.000 Euro belaufen würden.
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