Die Concorde zählt bei Flugenthusiasten bis heute zu einem der bemerkenswertesten Flugzeuge und gilt als die Ikone der zivilen Luftfahrt überhaupt. Zuletzt bestellte American Airlines beim Hersteller Boom Supersonic, ein noch in der Entwicklung befindliches Überschall-Passagierflugzeug des Modells Overture. // Von Claudio Steffes-tun
Mit dem Überschallflugzeug will der Hersteller in Zukunft Überschallreisen, wie einst mit der Concorde wieder ermöglichen. Der Jet soll bis zu 80 Passagieren Platz bieten. Aerodynamische Regeln, die bei Unterschallflügen gelten, sind auf einmal nicht mehr anwendbar. Durch die hohe Geschwindigkeit erhöht sich der Widerstand, der auf dem Profil und den Flügeln des Überschall-Flugzeugs lastet, enorm.
Zu Beginn der experimentellen Erprobung von Überschallflügen war den Ingenieuren noch nicht bewusst, wie dem begegnet werden kann. Im Laufe der Forschungsarbeit fanden amerikanische Wissenschaftler heraus, dass durch eine Pfeilform der Flächen des Flugzeuges der Widerstandsanstieg bei der Annäherung an die Schallgeschwindigkeit verringert werden kann. Die Flügel werden dazu pfeilförmig in Flugrichtung, nach hinten, angelegt. Zudem spielt die sogenannte Flächenregel eine essenzielle Rolle. Diese Regel besagt einfach ausgedrückt, dass die Querschnittsfläche des Flugobjektes von vorne nach hinten kontinuierlich zu- und wieder abnehmen sollte, ähnlich einer Spindelform.
Titan statt Aluminium
Neben den aerodynamischen Herausforderungen werden jedoch auch höhere Anforderungen an das verwendete Material gestellt. Anders als in der Unterschall-Luftfahrt, kann nicht das gängige Aluminium verwendet werden. Durch den hohen Staudruck, der auf Flächen und dem Rumpf lastet, kann die Luft nicht schnell genug abfließen, woraus eine hohe Reibungswärme resultiert. Das in der Luftfahrt üblicherweise als Baumaterial verwendete Aluminium kann diesen Temperaturen jedoch nicht standhalten. Daher werden in den kritischen Bereichen der Luftfahrzeugstruktur hitzebeständige Nickellegierungen, Edelstahl sowie Titan verwendet.
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Crash der Concorde - der Anfang vom Ende
Am 25. Juli 2000 startete auf dem Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle eine Concorde. Dieser Start sollte in die Geschichte eingehen. Ein Treibstofftank der Concorde wurde beim Start durch herumliegende Reifenteile auf der Startbahn eines vorher gestarteten Flugzeugs beschädigt. Der Tank entzündete sich in der Startphase und die Leistung eines der Triebwerke ging so weit zurück, dass eine Notlandung auf dem 8 Kilometer entfernten Flughafen Le Bourget nicht mehr möglich war. Die Maschine stürzte eine Minute nach dem Start ab, alle 109 Insassen und vier Menschen am Boden starben. "Das Unglück dürfte zum Ende der Concorde beigetragen haben, aber war sicherlich nicht der einzige Grund“, sagt Dietmar Wagner, erfahrener Fluglehrer, der sich intensiv mit der Geschichte der Concorde auseinandergesetzt hat.
Das Ende einer Ära
Auslöser für das Ende waren zum einen die hohen Instandhaltungskosten der Concorde, aber auch die Versorgung durch den letzten technischen Betreiber des Flugzeugs, Airbus. Das Unternehmen hatte damals aufgrund anderer Großprojekte, wie der Entwicklung des Airbus A380, kein Interesse an einer weiteren Versorgung. Laut Wagner war nicht nur die Technik an sich sehr kostenintensiv und wartungsanfällig, sondern auch die Ausbildung der Piloten war langwieriger und erforderte mehr finanzielle Aufwendungen als die von regulären Piloten. Im Vergleich dauert die Ausbildung auf einem regulären Flugzeugmuster rund 3 Monate, bei der Concorde mit einem halben Jahr doppelt so lange. Aber auch die Sitzplätze waren oftmals nur zu 50% gebucht. Damit war das Ende der zivilen Überschallflüge vorerst besiegelt. "Es gab nicht genug Leute, die sich so ein Ticket leisten konnten. Es gab nur eine Route auf der Welt, wo sich das Flugzeug gelohnt hat, von London nach New York“, so der Ingenieur Dr. Bernd Liebhardt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Nach über 30 Jahren der Überschallreisen endete mit der Concorde eine Ära.
Mit Überschall über den Atlantik
Von Anfang 1976 bis 2003 war es möglich, innerhalb von 3 Stunden und 45 Minuten in 18.000 Metern Höhe von Paris nach New York zu reisen oder rein theoretisch in 30 Stunden einmal um den Globus zu fliegen. Damit halbierte sich die Reisedauer im Vergleich zu herkömmlichen Passagierflugzeugen. Die Concorde war ihrer Zeit voraus und stellte die europäische Antwort auf das Apollo-Programm der Amerikaner dar. Entwickelt wurde sie auf Basis eines französisch-britischen Regierungsabkommens, eine Kooperation zwischen Áerospitale (heute Airbus) und British Aircraft Corporation (heute BAE Systems).
Betreiber waren British Airways und Air France, die Airlines bedienten die Routen London New York und Paris New York.
Länge | 62 Meter |
Spannweite | 25,5 Meter |
Sitzplätze | 100 |
Startgewicht | Max. 185 Tonnen |
Kraftstoffverbrauch | 23 Tonnen pro Stunde |
Reichweite | 6.250 Kilometer |
Flughöhe | 18.000 Meter |
Höchstgeschwindigkeit | 2.179 km/h |
Die Anfänge des Überschallfluges
Am 14. Oktober 1947 startete ein amerikanischer Testpilot zu einer ungewissen Mission. Chuck Yeager war der erste Mensch, der in einer Höhe von ca. 15.000 Metern offiziell Mach 1 mit dem Experimentalflugzeug Bell X-1 erreichte. Der Testpilot begab sich damit auf eine riskante Reise, denn niemand wusste so genau was passiert, wenn die Schallmauer bei über 1000 km/h durchbrochen wird. 1953, also erst 6 Jahre später, war mit der Französin Jacqueline Auriol die erste Frau schneller als der Schall geflogen. In der Folge der ersten erfolgreichen Überschallflüge wurden Kampfflugzeuge entwickelt, die im Überschall-Bereich dauerhaft fliegen konnten. Zu einem der bekanntesten Überschall-Militärflugzeuge zählt wohl die SR-71, die dauerhaft eine Geschwindigkeit von mehr als der dreifachen Schallgeschwindigkeit fliegen kann.
Als erstes ziviles Überschallflugzeug erreichte die sowjetische Tupolew Tu-144 1970 die doppelte Schallgeschwindigkeit von 2.150 km/h. Jedoch wurde der Flugbetrieb aufgrund zu hoher Kosten 1978 wieder eingestellt. Das macht die Concorde zum bisher einzigen dauerhaft im Linienbetrieb befindlichen Überschall-Reiseflugzeug.
Die Zukunft der Überschallreisen – Ausblick
Der Traum von Überschallreisen ist bis heute nicht gestorben, derzeit versuchen sich einige Unternehmen daran, diesen Traum wieder zum Leben zu erwecken. Dabei sind die technischen Herausforderungen ein geringeres Problem als die Gegebenheiten auf den Flughäfen und die Lärmbelästigung durch den Überschallknall. "Den Schallknall zieht das Flugzeug wie einen Teppich hinter sich her“, sagt Ingenieur Dr. Liebhardt. Daher sind Überschallflüge in den meisten Ländern über Land generell verboten. Zukünftig ist der Überschallflug also lediglich über dem Meer möglich, ohne Anwohner zu belästigen. Die Routen die damit bedient werden können und sich wirtschaftlich tragen, sind dadurch sehr begrenzt. Auch die Reichweite ist durch den hohen Kraftstoffverbrauch limitiert.
Wann sich der nächste Betreiber auf den Markt traut, bleibt auch aufgrund der geringen Nachfrage und hoher Ticketpreise fraglich. "Der Hersteller Boom geht von einem Markt aus, der höchstwahrscheinlich nicht existiert“, sagt Dr. Liebhardt. So seien die Kabinen mit bis zu 80 Sitzplätzen zu groß dimensioniert. Nichtsdestotrotz wird unentwegt an neuen Möglichkeiten der Hochgeschwindigkeitsreisen geforscht. Dabei möchten man sogar Geschwindigkeiten jenseits der Schallgeschwindigkeit im Hyperschallbereich knacken.
Teaserbild: Start einer Concorde von British Airways unter Verwendung der Nachbrenner. // Quelle: pixabay.com