Destinus Hyperschalljet fliegt durch die Luft

Hyperschall-Wasserstoffjet: Die Zukunft der zivilen Luftfahrt?

Südamerika, Australien und Japan sind eine Reise wert, doch wer sich von Deutschland aus auf den Weg macht, muss mindestens mit einer Flugzeit von etwa zehn Stunden rechnen und setzt über eine Tonne CO₂ frei. Das Schweizer Startup Destinus hat sich mit seinem Hyperschall-Wasserstoffjet zum Ziel gesetzt, diese Reisezeit deutlich zu verkürzen und das Fliegen CO₂-neutral zu machen. // von Tim Stockhausen

In einer Welt, in der Geschwindigkeit und Effizienz zunehmend an Bedeutung gewinnen, bahnt sich möglicherweise eine Veränderung in der Luftfahrtindustrie an. Hyperschall-Wasserstoffjets könnten das Potenzial haben, die kommerzielle Luftfahrt grundlegend zu verändern. Die Entwickler dieser Technologie versprechen nicht nur sehr hohe Reisegeschwindigkeiten, sondern auch eine umweltfreundlichere Alternative zu herkömmlichen Flugzeugen.

Destinus Hyperschall-Wasserstoffjet

Das Team um das Startup Destinus entwickelt seit 2021 einen Hyperschall-Wasserstoffjet, der emissionsfreies Reisen mit über 6.000 Kilometer pro Stunde ermöglichen soll. Erste Prototypen wurden bereits auf einem Flughafen in der Nähe von München getestet. Ein Flug von Frankfurt nach Sydney soll statt 20 Stunden nur noch 4,15 Stunden benötigen. Die Entwicklung des Prototyps soll bis Ende des Jahrzehnts abgeschlossen sein. Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet Destinus laut dem Mitarbeiter und promovierten Ingenieur Bart Van Hove an wasserstoffbetriebenen Staustrahltriebwerken, auch Scramjets genannt. Die theoretischen Grundlagen entstanden in der Sowjetunion in den 1960er Jahren. Der erste Test in einem unbemannten Fluggerät gelang dem HFL Cholod im November 1991.

Funktionsweise eines Scramjets

Ein Scramjet hat vorne eine Öffnung, die Luft einsaugt, wenn das Flugzeug fliegt. Diese Luft wird dann in einer Kammer zusammengepresst und anschließend durch eine Düse nach hinten gedrückt. Dadurch wird das Flugzeug nach vorne geschoben. Scramjets haben keine beweglichen Teile wie Propeller oder Turbinen. Stattdessen nutzen sie die Geschwindigkeit des Flugzeugs, um die Luft durch den Motor zu drücken. Das bedeutet, dass ein Scramjet sehr schnell fliegen muss, damit er richtig funktioniert. Diese Art von Triebwerken existieren bereits, jedoch nicht wasserstoffbetrieben. Hier sieht Bart Van Hove „eine der größten Aufgaben.” Destinus plant bereits um 2030 herum erste Flüge mit bis zu 25 Passagieren zu ermöglichen.

Die Grafik zeigt den inneren Aufbau des Destinus Hyperschall-Wasserstoffjets. Der Luftstrom wird am vorderen Teil des Jets eingesaugt und durch das Stausstahltriebwerk hinten herausgepresst. Die platzierung der Tanks im hinteren Bereich des Flugzeuges sowie der Passagierraum sind zu sehen.

Luftstrom durch das Staustrahltriebwerk und Platzierung der Tanks im hinteren Bereich des Hyperschall-Wasserstoffjet. // Quelle: Destinus / Tim Stockhausen

Wasserstoff in der Luftfahrt

Im Kern dieser Innovation liegt der Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff. Wasserstoff hat das Potenzial, fossile Brennstoffe abzulösen und Emissionen in der Luftfahrtindustrie zu reduzieren. Wird er verbrannt, entsteht hauptsächlich Wasser und Wärme, was auch klimafreundlicheres Reisen ermöglichen könnte. Der Jet fliegt in einer Höhe von etwa 50 Kilometern in der Stratosphäre. Das Startup selbst bezeichnet sein Flugobjekt als eine Mischung aus Flugzeug und Rakete.

Die Grafik vergleicht die Flughöhe des Destinus Hyperschalljet mit der Flughöhe konventioneller Flugzeuge. Der Destinus Hyperschalljet fliegt etwa fünfmal so hoch.

Der Destinus Hyperschalljet fliegt etwa fünfmal so hoch wie ein konventionelles Flugzeug. // Quelle: Tim Stockhausen

Kürzere Reisezeit und keine Treibhausgase

Die Vorteile dieser Technologie sind vielfältig. So bieten Wasserstoffjets eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Flugzeugen, da sie keine Treibhausgase emittieren, sondern lediglich Wasserdampf produzieren. Aktuell liegt der Anteil des Luftverkehrs an den weltweiten CO₂-Emissionen bei rund 3,1 Prozent. Zweitens ermöglichen die enormen Geschwindigkeiten des Hyperschall-Wasserstoffjets eine erhebliche Verkürzung der Reisezeiten. Die Reise von Frankfurt nach Hongkong würde nur drei Stunden dauern. Ein kompletter Flug um die Erde herum wäre in unter neun Stunden möglich.

Probleme bei der Entwicklung des Hyperschall-Wasserstoffjet

Die Entwicklung und Umsetzung von Hyperschall-Wasserstoffjets erfordern beträchtliche technische Innovationen und Investitionen. Bart Van Hove sieht zurzeit drei große Probleme bei der Entwicklung: „An erster Stelle kommen die Proportionen. Unterschiedliche Arten von Triebwerken müssen in einer kompakten und leichten Konstruktion kombiniert und mit Wasserstoff betrieben werden." Die Aufbewahrung des Wasserstoffes ist ebenfalls eine Herausforderung. „Das Flugzeug muss sehr leicht sein und gleichzeitig muss der Wasserstoff aufbewahrt und gekühlt werden, während die Außenseite des Flugzeugs mehrere hundert Grad Celsius heiß sein kann. Mechanisch gesehen ist es eine enorme Herausforderung, eine leichte Struktur zu schaffen, die mit dieser Temperatur umgehen kann." Die Aerodynamik spielt dabei eine tragende Rolle. „Jeder Aspekt des Flugzeugs muss ständig aktualisiert werden. Das Fliegen mit hoher Geschwindigkeit erfordert ein sehr schlankes Design. Je schneller man fliegt, desto schärfer und schlanker muss man werden", erklärt Van Hove.

Die Grafik zeigt die Aerodynamik des Destinus Hyperschalljets.

Aerodynamik des Destinus Hyperschalljets. // Quelle: Destinus

Aktuelle Probleme von Wasserstoff als Treibstoff

Die Infrastruktur für den Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff ist noch nicht flächendeckend vorhanden. Es fehlen Tankstellen und Lieferketten. Durch die geringere Energiedichte von Wasserstoff benötigt es im Vergleich zu herkömmlichen Flugzeugtreibstoffen mehr Volumen. An Bord wird also mehr Platz benötigt, um die gleiche Strecke zu fliegen und zu überbrücken. Die aktuelle Position der Treibstofftanks in den Tragflächen eines Flugzeugs würde die Lagerung von Wasserstoff in gas- oder flüssiger Form nicht unterstützen. Dafür wäre ein besonders hoher Druck oder eine Temperatur unter -253° Celsius nötig. Eine so niedrige Temperatur dauerhaft zu halten, ist fast unmöglich. Für den hohen Druck müsste die Platzierung der Tanks und damit das gesamte Flugzeugdesign geändert werden. Zusätzlich kostet grüner Wasserstoff im Vergleich zum verwendeten Kerosin deutlich mehr. Zum aktuellen Stand wären regionale Flüge und Kurz- bis Mittelstreckenflüge möglicherweise die ersten Ziele für zivile Wasserstoff-Flugzeuge.

Fliegen wir bald mit Wasserstoff und in Hyperschallgeschwindigkeit?

An wasserstoffbetriebenen Flugzeugen wird weiterhin geforscht. „Man hat den Vorsatz, die nächste Generation von Verkehrsflugzeugen mit Wasserstoff auszustatten“, erklärt Björn Nagel, Leiter des Institutes für Systemarchitektur in der Luftfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Airbus hat mit dem Projekt ZEROe angekündigt, bis 2035 das erste Wasserstoff betriebene Verkehrsflugzeug zu entwickeln. Dabei konzentriert man sich nicht nur auf den wasserstoffbasierten Antrieb und das Tanksystem, sondern ebenso auf den Aufbau und das grundsätzliche Design des Flugzeuges. Björn Nagel sagt dazu: „Ein großer Schritt ist es, nicht nur die Technologien (Wasserstoff) zu ertüchtigen, sondern auch die Synergiepotenziale zwischen den einzelnen Bauteilen zu heben“. Es wird voraussichtlich noch Jahrzehnte brauchen, bis die neuen wasserstoffbetriebenen Flugzeuge, die derzeit im Einsatz befindlichen kerosinbetriebenen Flugzeuge vollständig ersetzen können. Ob und wann es zum ersten kommerziellen Einsatz von Hyperschall-Wasserstoffjets kommt, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht abzusehen.

Teaserbild: Konzeptbild des Destinus Hyperschalljet der durch eine Wolkendecke fliegt // Quelle: Destinus

Der Autor

Autorenfoto Tim Stockhausen

Tim Stockhausen

 

 

 

3 comments

  1. MHA 21 Juni, 2023 at 10:14 Antworten

    Also wenn Flugreisen CO2 “verbraucht”, wie in der Einleitung geschrieben wurde, gibt es doch einen einfachen Weg aus der Klimakrise. Wir müssen einfach nur umdenken, nicht weniger fliegen ist das Ziel, um unseren Planeten zu retten, sondern mehr, viel mehr! Das dürfte in unserer konsumorientierten Gesellschaft großen Anklang finden.
    Man sehe mir meine kleine Spitze nach. Ich finde dieses Projekt sehr interessant und auch nicht schlecht gelungen. Aber eins ist mir wirklich wichtig: Technikjournalist*innen müssen sich fachlich KORREKT ausdrücken können! Sonst besteht die Gefahr, dass sie – zumindest von Fachleuten – nicht ernst genommen werden.
    Fast hätte ich mich dadurch davon abhalten lassen, den Artikel zu lesen in Erwartung eines wenig fundierten und uninteressanten Textes. Aber ich wurde eines besseren belehrt: sehr informativ und anschaulich, trotz des irgendwie missglückten Einstiegs.

Kommentar hinterlassen

Mit Absenden des Formulars erkären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung der darin eingegebenen personenbezogenen Daten einverstanden. Weitere Hinweise dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.