Flüssigkeiten in Glasbehältern

eFuels auf dem Vormarsch

Die Technik ist ausgereift: Die erste kommerzielle Anlage zur Erzeugung synthetischer Kraftstoffe startet dieses Jahr in Chile. Sogenannte eFuels könnten den Weg in eine emissionsneutrale Zukunft ebnen. Und das ganz ohne neu produzierte Technik. //von Lukas Bädorf

Um den Verbrennermotor steht es zurzeit schlecht: Zu hohe Schadstoffausstöße und eine zu hohe Umweltbelastung könnten langfristig das Aus bedeuten. Ein neuer Kraftstoff, auch bekannt unter den Namen „eFuel“ oder "synthetischer Kraftstoff", bietet einen Ersatz für herkömmliche Treibstoffe wie Benzin, Diesel oder Kerosin. Der Clou: Der Sprit enthält unter Anderem CO2 aus der Luft, die für die Produktion gefiltert wird. Mit Haru Oni, einem Projekt von Siemens Energy und Porsche, startet im Sommer 2021 die erste kommerzielle Produktion des neuen Kraftstoffes.

Flüssigkeit in einem Gefäß

Ähnlich, aber nicht gleich: Im Gegensatz zu Benzin sind eFuels geruchsneutral. Bild: Lukas Bädorf

Sprit aus Wasser und CO2

Ganz so simpel ist der Vorgang nicht: Die eFuels setzen sich aus einem Teil Kohlenstoffdioxid und einem Teil Wasserstoff zusammen. Das CO2 wird mittels spezieller Filteranlagen aus der Luft oder aus industriellen Abgasen entnommen. Der Wasserstoff entsteht durch die Elektrolyse von Wasser (daher electrofuels). Bei der Elektrolyse wird das Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Sauerstoff wird als Abfallprodukt wieder in die Luft entlassen, während der Wasserstoff gemeinsam mit dem zuvor gewonnenen CO2 zu Kohlenwasserstoffketten unterschiedlicher Länge verbunden wird. Das geschieht in Katalysatoranlagen unter speziellen Druck- und Temperaturverhältnissen. Dieses Verfahren heißt auch Fischer Tropsch Synthese.

Beliebige Kraftstoffe durch Raffinerie

Flüssigkeit tröpfelt in einen Behälter

Alles für einen Tropfen: Die Energieausbeute liegt zwischen 30 und 60 Prozent. Bild: Lukas Bädorf

Im letzten Schritt werden diese Molekülketten durch Raffinerieprozesse in eine nutzbare, molekulare Form gebracht. Dieser Prozess lässt sich individuell steuern, sodass mit ein und demselben Verfahren sowohl Benzin, Diesel als auch Kerosin hergestellt werden kann. Der beschriebene Herstellungsprozess ist allerdings nicht der einzige Weg zu synthetischen Kraftstoffen: "Der Produktionspfad kann je nach Ausgangsrohstoffen unterschiedlich ausfallen. Was alle eint, ist die Herstellung eines Synthesegases, das dann vielseitig aufbereitet werden kann", so Stefanie Meilinger, Professorin für nachhaltige Technologien an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Ein altes Verfahren neu entdecken

Das seit 1925 bekannte Verfahren hat allerdings auch einen Haken: Für den gesamten Prozess ist neben den Materialien auch eine große Menge an Energie in Form von Strom nötig. Dieser Strom kann aus Wasser- oder Windkraft gewonnen werden, allerdings lassen sich heute nur maximal 30 bis 60 Prozent der aufgewendeten Energie im Kraftstoff speichern. Das heißt ohne eine große Menge Energie, die vor Ort nicht anders genutzt wird oder werden kann, ist das Prozedere nicht rentabel und braucht deutlich mehr Energie, als letztlich dabei herauskommt. Folglich wird der Kraftstoff nach aktuellem Stand bis zu vier Euro pro Liter kosten. Daher hat sich das Verfahren industriell bisher nicht durchsetzen können. "Der Rohölpreis war und ist bis jetzt einfach noch unschlagbar niedrig", so Meilinger.

Dank heutiger Technik lohnenswert

Flüssigkeit tropft in einen Behälter

Ausbaufähig: Die Produktion von eFuels hält sich in Grenzen. Bild: Lukas Bädorf

Einen Lichtblick bietet allerdings die Nutzung der regenerativen Energien wie Wind- und Wasserkraft als Energiequelle. Das Projekt Haru Oni bedient sich der Standortvorteile in Süd-Chile, wo ausreichend Wind- und Wasserkraft vorhanden sind. "Synthetische Kraftstoffe sind eben nur dann umweltfreundlich, wenn man grünen Strom verwendet", so Fenna Bleyl von New Energy Business bei Siemens Energy. Die Energie über Stromkabel interkontinental zu transportieren kostet einen immensen Material- und Wartungsaufwand und wäre wirtschaftlich nicht realisierbar. "Auch das ist ein Grund für Süd-Chile als Standort: Diese Windparks fangen die Energie ein, die sonst keiner vor Ort in der entlegenen Region nutzen würde", sagt Bleyl. Dank der Umwandlung von Strom zu Flüssigtreibstoff ließe sich zumindest ein Teil dieser Energie auffangen und logistisch kostengünstig umverteilen.

eFuel lässt sich ohne neue Technik verwenden

Der Verbrenner mit eFuel wird genau wie Elektroautos einen hohen Energieaufwand benötigen. Im Gegensatz zu ihren elektrisch betriebenen Kollegen brauchen die Autos keine neue Technik. Es werden zudem keine seltenen Erden wie in den Akkus benötigt. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich eFuels problemlos mit bestehenden Kraftstoffen mischen lassen. Soll heißen: Mischsprit mit zunächst einem Zehntel Anteil an eFuel wird dadurch nur um einen kleinen Schritt teurer als herkömmliche Kraftstoffe. Bei steigenden Produktionskapazitäten in den kommenden Jahren lässt sich dann auch der Anteil an eFuels im Mischsprit erhöhen und sogar als Reinform anbieten. Staatliche Subventionen könnten die Preisspanne noch weiter schrumpfen lassen und den Prozess beschleunigen.

Auto in einer Glaskugel

Ein Blick in die Glaskugel; die Zukunft des Verbrenners ist ungewiss. Bild: Lukas Bädorf

Haru Oni steht nicht allein

Neben dem Projekt Haru Oni gibt es weitere internationale Großprojekte, die über ähnliche Verfahren Kraftstoffe produzieren sollen. So zum Beispiel das „Kopernikusprojekt“ am Karlsruher Institut für Technik (KIT), das in diesem Jahr die Massenproduktion von mobilen Raffinerieeinheiten starten soll. Die Produktionsanlagen sind nicht viel größer als ein herkömmlicher Schiffscontainer.  Bisher kann eine solche Anlage bis zu zwanzig Liter Kraftstoff am Tag herstellen, der sauberer verbrennt als das fossile Pendant. Ein Großer Vorteil der Kopernikus-Anlagen: Durch ihre Mobilität lassen Sie sich auch abseits der Infrastruktur aufstellen, wie etwa in Krisengebieten oder an abgelegenen Standorten. Eine weitere Raffinerie plant das Joint Venture Unternehmen Norsk E-Fuel. Dahinter verbergen sich die Konzerne Sunfire, Climeworks, Cleantech und Paul Worth. Die Anlage soll in Norwegen ab 2023 zehn Millionen Tonnen Treibstoff pro Jahr produzieren.

eFuels keine Alleinlösung

Hochschulprofessorin Meilinger blickt positiv auf die weitere Entwicklung: "eFuels werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen, so wie sie es auch heute schon tun. Besonders sinnvoll lassen sie sich dort einsetzen, wo es keine Alternativen zu eFuels gibt: Im Flug- und Schiffsverkehr zum Beispiel." Dennoch könne man nicht sagen, dass eFuels die herkömmlichen Kraftstoffe oder den Elektroantrieb gänzlich ersetzen werden. Wir müssen alle verfügbaren Möglichkeiten nutzen, dabei müsse das eine das andere nicht zwangsläufig ausschließen.

Teaserbild: Ein Tropfen mit Zukunft: eFuels sind auf dem Vormarsch. // Bild: Lukas Bädorf

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Lukas Bädorf

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