Satelliten zur Fernerkundung

Fernerkundung: Neue Blickwinkel aus dem All

Dieses Jahr startet die erste deutsche Hyperspektral-Satellitenmission "EnMAP" an Bord einer Falcon-9-Rakete des US-Raumfahrtkonzerns Space X und wird als einer der ersten Satelliten seiner Art die Erdoberfläche messen. Dabei soll EnMAP mindestens fünf Jahre lang Umweltdaten erheben. Der Satellit kann jeden Punkt der Erde im Schrägblick aufnehmen. Allerdings ist die Aufnahmekapazität begrenzt. //Von Pascal Becker und Leonie Bachofner

EnMAP hat vor kurzem seinen finalen Test bestanden und tritt Ende Februar 2022 seine Reise an, um voraussichtlich im April neue Daten liefern zu können. Als einer der ersten Hyperspektral-Satelliten erfasst er  den gesamten Spektralbereich vom sichtbaren Licht bis hin zu kurzwelligem Infrarot die Erdoberfläche. Der Satellit kann dabei jeden Punkt der Erde alle 27 Tage im Senkrechtblick oder nach vier Tagen im Schrägblick aufnehmen. Allerdings ist die Aufnahmekapazität bei einer Streifenbreite von 30 Meter auf 5.000 Kilometer Streifenlänge pro Tag begrenzt. Zudem wird kein Fernerkundungsverfahren ein anderes ersetzen können, da jeweils andere spezifische Fragen beantworten werden und sie sich gegenseitig ergänzen.

Hyperspektral-Satellitenmission

Seit den 1980er-Jahren werden Hyperspektralsensoren zur Erfassung der Erdoberfläche eingesetzt. Bisher jedoch vor allem von Flugzeugen aus und damit nur auf kleine Gebiete begrenzt. Im Jahr 2000 gab es dann erste Hyperspektralsensoren im Weltall, die als Technologie-Demonstratoren erfolgreich zeigten, dass sie auch vom Weltall aus angewandt werden können. Allerdings konnten sie keine großen Gebiete scannen und nicht so viele Daten sammeln wie heutige Sensoren. Bei der hyperspektralen Fernerkundung wird die Erdoberfläche in vielen oft mehr als 200 schmalen Spektralbändern aufgezeichnet, sodass die Daten kontinuierliche Spektren von jedem Bildpunkt erhalten. "Diese Daten ermöglichen die Identifizierung und Quantifizierung der stofflichen Zusammensetzung von Oberflächen anhand von diagnostischen Spektralmerkmalen", erläutert Dr. Saskia Förster, Wissenschaftlerin für Fernerkundung am GeoForschungsZentrum Postdam.

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Die im Rahmen der EnMAP-Mission erfolgte Entwicklung von Sensoren, Auswertungsmethoden sowie die Schulung von Nutzern ermöglicht die Anwendung in verschiedenen Nutzergruppen von Wissenschaft, Dienstleistern bis Behörden. "Bereits heute sind bei der ESA und der NASA hyperspektrale Satellitenmission in der Planung, die eine regelmäßige Abdeckung der gesamten Erdoberfläche erlauben und noch vor Ende dieses Jahrzehnts ins All starten werden. EnMAP wird als ein wichtiger Wegbereiter auf dem Weg gesehen", erläutert Förster.

Was passiert mit den Daten?

Das Sichtbarmachen der Umweltveränderungen mithilfe von Bildern aus dem All hilft, die teilweise dramatischen Folgen des Klimawandels greifbarer zu machen. "Die abbildende Spektroskopie liefert über die reinen Bilder hinaus noch quantitative Messungen der Änderungen an der Erdoberfläche wie zum Beispiel der Pflanzenvitalität, der Gewässergüte, der Bodenqualität oder Umweltverschmutzungen", erklärt Förster.

Nachhaltiges Ressourcenmanagement durch hyperspektrale Fernerkundung

Die Mission kann helfen, die durch den Klimawandel bedingten Veränderungsprozesse zu verstehen und ein nachhaltiges Ressourcenmanagement zu unterstützten. Einige Beispiele dazu nennt Godela Roßner, Leiterin für Datennutzung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt:

  • Durch den Anstieg der Temperaturen und größere Trockenzeiten kommt es in sensiblen Ökosystemen zu Veränderungen der Artenzusammensetzungen, etwa wenn Permafrostböden auftauen, die Baumgrenze sich verschiebt oder Feuchtgebiete trocken fallen. Ein Hyperspektralsatellit nimmt sehr differenziert das von der Vegetation reflektierte Sonnenlicht auf und lässt Rückschlüsse auf Ökosysteme und vor allem auch deren Veränderungen zu. Es lassen sich zwar nicht direkt einzelne Arten aus dem All nachweisen, aber wenn zum Beispiel in einem Ökosystem mehr und mehr Bäume wachsen, verändert sich das Signal, das der Satellit aufnimmt.

  • Wälder sind zunehmendem Dürrestress ausgesetzt und werden dann anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Mit bisherigen Satelliten lässt sich die Trockenheit der Pflanzen oft aber erst dann feststellen, wenn die Pflanze bereits geschädigt ist. Durch Hyperspektralmissionen wie EnMAP, lässt sich auch der Blattwassergehalt bestimmen. Dadurch kann sehr viel frühzeitiger erkannt werden, wie es um die Wasserversorgung der Pflanzen steht.

  • Für die wachsende Weltbevölkerung wird es immer wichtiger, den Ressourceneinsatz zu optimieren. Das heißt zu berücksichtigen, wo welche Pflanzen am besten angebaut werden und wie sie effizient gedüngt und bewässert werden können. Precision Farming ist das Stichwort. Hier geht mit den heutigen Satelliten schon einiges. Die präzise Bestimmung der Nährstoff- und Wasserversorgung der Pflanzen sowie die räumlich differenzierte Beurteilung von Bodeneigenschaften wird jedoch erst die Hyperspektralsensorik erzielen.

  • Rohstoffe und seltene Erden sind elementar für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft. Hyperspektraldaten sind essenziell, um Lagerstätten zu identifizieren und Rohstoffpotenziale, also Liefermöglichkeiten zu bewerten. Da beim Abbau aber auch giftige Stoffe entstehen, ist es ebenso wichtig, die Umweltrisiken sicher managen zu können. Auch hier ist die Hyperspektralsensorik essenziell, da nur mit ihr beispielsweise Schwermetallbelastungen erfasst werden.

Hyperspektrale Fernerkundung Made in Germany

Aufgrund der maximalen Aufnahmekapazität ermöglicht EnMAP noch keine globale hyperspektrale Erdbeobachtung. Der Satellit kann immer nur einen gewissen Bereich abdecken und Beobachten, jedoch mithilfe manueller Eingaben gezielt Gebiete der Erdoberfläche ansteuern. "Erstrebenswert wäre bei der Erdbeobachtung, gerade im Bereich des Umwelt-Monitoring, eine globale und stetig mögliche Beobachtung, das wäre auch für die hyperspektrale Fernerkundung wünschenswert und ist das Ziel. Bei EnMAP war dieses jedoch noch nicht realisierbar", sagt Godela Roßner.

Was kommt nach dem Pionier?

Nach den fünf Jahren EnMAP soll mit CHIME (Copernicus Hyperspectral Imaging Mission) ein neuer Satellit starten, der eine globalere hyperspektrale Fernerkundung ermöglicht. CHIME wird Teil des Copernicus-Programm sein, genau wie EnMAP. "Die EnMAP-Mission wird den Weg bereiten für einen routinemäßigen Einsatz der Hyperspektralfernerkundung. Wenn dann der hyperspektrale Satellit, CHIME, das Copernicus-Programm ergänzt, ist die Nutzung dank EnMAP so gut vorbereitet, dass man dann routinemäßig die Daten einsetzen kann", erklärt Roßner. Jeder kann auf diese Daten und Auswertungen zugreifen. Die Mission wird auch genutzt, um verlässliche Anwendungen zu entwickeln oder den Zustand der Erdoberfläche, der Vegetation oder Gewässer einzuschätzen. Um den Einstieg und Umgang in die Fernerkundung für jeden zu vereinfachen, gibt es eine kostenlose Online-Lernplattformen.

Teaserbild: Satelliten zur Fernerkundung //  Bild: Leonie Bachofner

Die Autor:innen

Autorenfoto Leonie Bachofner

Leonie Bachofner

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Pascal Becker

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