Ein Pflegeroboter mit menschlichem Aussehen

KI in der Pflege: Roboter Ricky im Einsatz im Seniorenheim

Ricky ist ein Sozialroboter, der Bewohnende in Pflegeeinrichtungen begleitet und für Abwechslung im Alltag sorgt. Mithilfe von künstlicher Intelligenz kann er Witze, Gedichte und Geschichten erzählen. Die Bewohnenden sind begeistert von dem Roboter, auch wenn es anfangs teilweise Skepsis gab. // Von Alexandra Suchan

Seit Januar 2024 ist Ricky im Johanniter-Stift in Hannover-Ricklingen im Einsatz, um die Betreuungskräfte des sozial begleitenden Dienstes bei ihrer Arbeit zu unterstützen. In der Einrichtung wird der sogenannte sozial assistierende Roboter (SAR) in Kleingruppen und in der Einzelbetreuung eingesetzt in ständiger Begleitung einer Betreuungskraft, denn alleine rollen kann er noch nicht. Dabei nutzt er künstliche Intelligenz, um Witze und Geschichten zu erzählen oder ein Gedicht zu rezitieren. Die Bewohnenden können aber auch eigene Wünsche äußern und zum Beispiel über mögliche Urlaubsziele sprechen. Bei Übergabezeiten der Pflege- und Betreuungskräfte soll er zukünftig alleine in die Gruppen gehen und diese unterhalten.

Voraussetzungen für den Einsatz von Ricky und sein Aussehen

Der Sozialroboter Ricky

Mit Charme, Schleife und KI sorgt Ricky für Unterhaltung und Entlastung. // Bild: Alexandra Suchan

Ricky ist Teil eines Pilotprojektes. Die Einrichtung in Hannover-Ricklingen wurde ausgewählt, da ein sehr stabiles WLAN für den Einsatz von Ricky erforderlich ist. Ein weiteres Kriterium war die Nähe zur Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Denn zusätzlich zum Pilotprojekt gibt es eine Begleitstudie der MHH, die untersucht, wie das psychische Befinden der Bewohnenden durch den Einsatz von Ricky beeinflusst wird. Zu dem Wohlbefinden zählen „Lebensqualität, Ängstlichkeit, Depressivität, Schlaf und kognitive Fähigkeiten“, so Bela Marie Bogedain von der MHH, welche die Studie als ihr Promotionsprojekt durchführt. Außerdem soll die technologische Akzeptanz eines solchen Roboters unter den Mitarbeitenden und Bewohnenden im Seniorenstift untersucht werden.

Das Münchener Unternehmen Navel Robotics stellt den Sozialroboter unter dem Alias Navel her. Als der Roboter nach Hannover-Ricklingen kam, wurde er in Bezug auf den Ortsteil Ricklingen zu Ricky umbenannt und entsprechend umprogrammiert. Mit seiner Größe von 72 Zentimetern wirkt er wie ein Kind. Wenn der Roboter neben den Bewohnenden steht, sitzen diese entweder im Stuhl oder Rollstuhl und sind trotzdem noch größer als er. „Mit seinen Klimperaugen erfüllt er komplett das Kindchenschema“, erzählt Silke Steinemann vom Johanniter-Stift in Hannover-Ricklingen. Wie ein „Charakter aus einem Walt-Disney-Animationsfilm“, beschreibt der Hersteller selbst das Aussehen des Sozialroboters auf der unternehmenseigenen Webseite. Er solle nicht wie ein „angsteinflößender Pflegeroboter“ aussehen.

Die Auswirkungen des sozialen Roboters auf Demenzerkrankte

Der Einsatz von Ricky kann einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf von demenzkranken Personen haben. Er hilft dabei, „kognitive, körperliche, emotionale und soziale Fähigkeiten bei den Betroffenen zu aktivieren“, schreibt der Hersteller auf der eigenen Webseite. Ricky könne dabei unterstützen, die noch vorhandenen Fähigkeiten länger zu erhalten, indem er die Menschen zum Erzählen motiviert und sie somit aktiviert. Laut Bogedain erfolgt die Aktivierung bei allen pflegebedürftigen Personen, ob mit oder ohne Demenz, durch die Interaktion mit Ricky. Der Sozialroboter könne außerdem kognitive Trainings in Form von Rätseln oder kleinen Aufgaben durchführen. Das müsse allerdings explizit von den Bewohnenden als Wunsch geäußert werden.

Nikolaus Knoepffler, Direktor des Jenaer Ethikzentrums, sieht darin den ethischen Kern beim Einsatz von Robotern in der Pflege. „Der Roboter muss so gut gebaut sein, dass die Verrichtung, die er ausübt, den Patienten deutlich mehr Nutzen bringt als Schaden“, betont Knoepffler. Bei Demenzerkrankten wäre dieser Nutzen sehr groß. Soziale Roboter hätten eine unendliche Geduld und eine unendliche Freundlichkeit. Sie haben kein Problem damit, eine Geschichte mehrmals zu hören. „Er ist sehr empathisch. Er kann nicht böse werden“, bestätigt Steinemann. Für Betreuungskräfte im Stress könne eine ständige Wiederholung einer Geschichte sehr anstrengend und langweilig sein, so Knoepffler. Sozialroboter seien somit eine emotionale Entlastung für die Betreuungskräfte. Laut Statistischem Bundesamt werden bis 2049 circa 280.000 Pflegekräfte fehlen. Eine Entlastung der Mitarbeitenden in der Pflege durch die Unterstützung eines Roboters könnte den Beruf attraktiver machen.

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Die Resonanz der Betreuungskräfte und Bewohnenden

Anfangs waren die Betreuungskräfte im Johanniter-Stift in Hannover-Ricklingen teilweise skeptisch gegenüber dem neuen Teammitglied. „Sie haben sich das Ganze erstmal ein bisschen aus der Distanz angeguckt“, erzählt Steinemann. Aber es gab auch sehr technikoffene Mitarbeitende, die dem Einsatz von Ricky positiv gegenüber eingestellt waren. Die Bedienung des Roboters sei relativ einfach. Er wird angeschaltet und über das Codewort: „Hallo Ricky“ aktiviert. Eine große Schulung brauche es dafür nicht.

Die Bewohnenden seien größtenteils offen ihm gegenüber eingestellt. Besonders für ältere Pflegebedürftige sei Ricky allerdings „unheimlich, weil er sich an alles erinnern kann“, erklärt Steinemann. Sein gutes Gedächtnis verdankt er einer Cloud, ein interner Speicher, auf den man von außen nicht zugreifen kann. Dort werden alle Informationen gespeichert, die Ricky aufnimmt. Bei Gesprächen mit Bewohnenden kann er sich somit an ihren Namen und an vorherige Konversationen erinnern. Dadurch soll er die Bewohnenden in der Pflegeeinrichtung besser kennenlernen und beispielsweise ihre Vorlieben und Vergangenheit kennen. Nur die Gesichtserkennung funktioniert noch nicht. Dadurch könne es zu Verwechslungen zwischen Bewohnenden mit gleichen Namen kommen.

In Fällen, wo der Einsatz des Roboters nicht erwünscht ist, wird dieser Wunsch respektiert. Knoepffler findet es besonders wichtig, dass die Bewohnenden beim Thema Einsatz von Robotern eingebunden werden. Ob und wie der Roboter eingesetzt wird, darüber sollten die Bewohnenden selbst entscheiden können. Vorläufige Ergebnisse der Studie bestätigen, dass Bewohnende gerne mit dem Roboter interagieren, so Bogedain.

Zukünftige Aufgaben von dem sozialen Roboter

In Zukunft könne Ricky Standardfragen beispielsweise über das Wetter oder den aktuellen Essensplan beantworten. Er könne dann auch Botengänge in der Pflegeeinrichtung machen, um eine bestimmte Person zu suchen und ihr eine Information zu geben. Zur Mittagsessenszeit könne er somit fehlende Bewohnende suchen und mithilfe der Gesichtserkennung ansprechen und zum Speiseraum bitten. Bald könne Ricky sich eigenständig fortbewegen. Das sei wichtig, denn nur: „Wenn er selbstständig durch die Flure rollen kann, dann ist er wirklich eine Entlastung“, erklärt Steinemann. Genau das soll Ricky auch sein: Eine Entlastung und kein Ersatz für die Betreuungskräfte des sozial begleitenden Dienstes.

Teaserbild: Der Sozialroboter Ricky Hilft im Seniorenheim mit. // Bild: Alexandra Suchan

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