Fake News verbreiten sich in Zeiten von Facebook und Twitter wie ein Lauffeuer und sorgen für Unsicherheit in der Gesellschaft. Soziale Netzwerke sind sich der Bedrohung bewusst und gehen dagegen vor. // Von Zakaria Bouakil
"Das Bundeskabinett hat einen Impfzwang beschlossen“, "COVID-19 wird durch den neuen Mobilfunkstandard 5G verursacht“ und "für das AIDS-Virus ist der US-amerikanische Geheimdienst CIA verantwortlich“. Im 21. Jahrhundert ist es so einfach wie nie zuvor, seine politische Überzeugung mithilfe von Beiträgen auf sozialen Plattformen zu verbreiten. Soziale Medien arbeiten mit unabhängigen Fakten-Checkern zusammen, um genau diesen Beiträgen entgegenzuwirken.
In den 1980er-Jahren veröffentlichte der sowjetische Geheimdienst KGB einen Artikel zum AIDS-Virus. Aus diesem Artikel ging hervor, dass der US-Amerikanische Geheimdienst CIA hinter dem Ausbruch stehe. Ziel war es, US-amerikanische Militärforscher bloßzustellen, das Image der USA zu beschädigen und die politische Agenda der Sowjetunion zu fördern. 38 Jahre später führte das Meinungsinstitut YouGov eine Onlineumfrage in den USA mit 1.220 Teilnehmern durch, aus der hervorging, dass noch immer fünf Prozent der Befragten der Meinung sind, dass die CIA hinter der Entstehung des AIDS-Virus steht, um die Anzahl der Homosexuellen und afroamerikanischen Bewohner in den USA zu reduzieren. Fake News haben also noch lange nach deren Veröffentlichung eine Auswirkung auf die Denkweise von Menschen.
Was sind Fake News?
Reißerische Zeitungsüberschriften (Clickbait) und Fehler von Autoren gibt es schon seit Anbeginn der kommerziellen Nachrichtenübertragung. Fake News sind allerdings völlig ausgedachte Nachrichten, bei denen es oft um emotionale oder kontroverse Themen wie Gesundheit, Machtmissbrauch, Krieg oder Menschenrechte geht. Hinter diesen Meldungen steht oft der Versuch, die Leserinnen und Leser zu manipulieren, um ihnen die eigene Überzeugung aufzudrücken. Wie schwierig ist es für den normalen Benutzer, Fake News zu erkennen und gegen die Verbreitung vorzugehen?
Katarina Bader, Professorin an der Hochschule für Medien in Stuttgart und Forscherin auf dem Gebiet "Desinformation im Internet", sagt dazu: "Grundsätzlich ist es immer wichtig nichts zu verbreiten, was man nicht vorher selbst auf Richtigkeit überprüft hat. Auch wenn der Prüfungsprozess aufwendig sein kann, stehen wir in der Pflicht, Beiträge vor dem Teilen zu prüfen. Oftmals reicht auch ein einfaches Durchlesen des Artikels aus, um festzustellen, dass es sich nur um eine reißerische Überschrift handelt."
Folgen von Falschmeldungen
Im Jahr 2019 betrug die Anzahl der aktiven Nutzer auf sozialen Netzwerken 3,48 Milliarden. Im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 8 Prozent. Dadurch, dass es so einfach ist, Beiträge durch den "Teilen-Button" zu verbreiten, sorgt dies für eine hohe organische Reichweite. Leser werden oft durch den Widerspruch von Mainstream-Medien und Falschmeldungen in sozialen Netzwerken verwirrt und wissen dadurch häufig nicht, welcher Quelle sie vertrauen sollen. Dies führt dazu, dass immer mehr Benutzer das Vertrauen in die Mainstream-Medien verlieren.
Martin Steinebach ist Abteilungsleiter für Media Security und IT Forensics im Fraunhofer-Institut in Darmstadt. Er leitet das Projekt Dorian, mit dem Desinformationen im Internet bekämpft werden sollen, und sagt: "Soziale Medien unterliegen nicht wie Mainstream-Medien strengen Auflagen. Aus diesem Grund ist es einfach, Accounts zu erstellen und mit diesen dann Fake News im Social Web zu verbreiten. Dies führt dazu, dass Konsequenzen für das Verbreiten von Fake News nur sehr umständlich durchzusetzen sind."
Soziale Netzwerke stehen in der Verantwortung
In den vergangenen Jahren wurde das Thema Fake News immer wichtiger und somit auch, wie Plattformen dagegen vorgehen. Besonders Facebook arbeitet aufgrund der Verbreitung von Fake News während des US-Wahlkampfs 2016 an Prüfungssystemen für Beiträge. Facebook wendet ein dreiteiliges Prüfungssystem zur Identifizierung und Bekämpfung von Fake News an.
- Identifizieren: Mithilfe von Künstlicher Intelligenz, Feedback der Nutzer sowie durch Filtern der Kommentare werden Beiträge als potenzielle Fake News markiert. Dies geschieht dann, wenn Beiträge eine ungewöhnliche Anzahl von negativen Kommentaren mit Bezug auf die Richtigkeit des Beitrages haben.
- Prüfen: Mithilfe von Faktenchecks überprüft das Fake News-Team von Facebook, ob der Beitrag inhaltlich richtig ist und inwiefern dieser Propaganda, Sexismus, Rassismus oder Drohungen enthält. Hier arbeitet Facebook eng mit offiziell zertifizierten Fakten-Checkern wie FactMata, Logically und NewsGuard zusammen, die den Inhalt auf Richtigkeit prüfen. Nach der Prüfung wird der Inhalt in eine von neun Rubriken eingeteilt:
Falsch (Fake News) Die Kernaussage des Beitrages ist faktisch unzutreffend. Teilweise falsch (Fake News) Die Aussage des Beitrages ist teilweise zutreffend und teilweise unzutreffend oder die Kernaussage ist irreführend. Wahr Die Kernaussage des Beitrages ist faktisch zutreffend. Falsche Überschrift (Fake News) Die Behauptungen im Beitrag sind richtig. Die Überschrift ist jedoch faktisch falsch. Nicht bewertbar Der Beitrag enthält eine Aussage, die nicht verifiziert werden kann, zutraf, als sie verfasst wurde oder von einer Webseite stammt, auf der die Meinung einer politischen Person dargestellt wird. Satire Der Beitrag wurde von einer Seite gepostet, die für Satire bekannt ist, oder würde von der Allgemeinheit als ironisch oder humorvoll aufgefasst werden. Meinung Der Inhalt des Beitrages spiegelt die Meinungen und Ansichten des Autors wider. Prank Generator Websites, auf denen Nutzer eigene Falschmeldungen erstellen können, um diese auf Social Media Websites zu teilen. Nicht bewertet Dies ist der Standardzustand, wenn der Beitrag noch nicht von Fakten-Checkern bearbeitet wurde oder die URL nicht funktioniert. - Handeln: Sobald ein Beitrag durch Facebook oder Fakten-Checkern als Fake News identifiziert wurde, schränkt Facebook die Auslieferung des Beitrages im News Feed auf Facebook ein und entfernt den Beitrag von der "Entdecken"- und "Hashtag"-Rubrik, fügt eine Warnung hinzu, dass es sich hierbei um Fake News handelt und/oder benachrichtigt den teilenden User, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass der Inhalt, den er geteilt hat, Fake News beinhaltet.
Facebook leitet bei der Bekämpfung von Fake News mehrere Schritte ein, bevor der Beitrag letztendlich von der Plattform entfernt wird beziehungsweise die Verbreitung eines beworbenen Beitrags gestoppt wird.
Im Gegensatz dazu setzt Twitter weniger auf externe Fakten-Checker und überprüft Beiträge selbst. Hierzu verwendet Twitter die "Richtlinie zu synthetischen und manipulierten Medien", in der Beiträge anhand von drei Kriterien eingeordnet werden und bei Verstoß gegen diese Richtlinien als Fake News gekennzeichnet werden:
- Ist der Inhalt synthetisch oder manipuliert? Es wird darauf geachtet, ob der Inhalt im Wesentlichen verändert wurde, ob visuelle oder akustische Informationen bewusst ausgelassen oder verändert werden und ob Medien, die eine reale Person darstellen, gefälscht oder simuliert wurden.
- Wird der Inhalt auf irreführende Weise geteilt? Beurteilt wird dabei der Text, der mit den Medien gepostet wird, die mit Medien verknüpften Metadaten und Websites, die im Tweet oder Profil der Person verlinkt sind, die die Medien teilt.
- Ist es wahrscheinlich, dass der Inhalt einen Einfluss auf die öffentliche Sicherheit oder ernsthafte Schäden verursacht? Schäden, die dabei in Betracht gezogen werden sind, die Gefährdung der körperlichen Sicherheit einer Person oder Gruppe, die Gefährdung von Massengewalt und die Bedrohung der Meinungsfreiheit einer Person oder Gruppe.
Fakten-Checker
Fake News haben neue Arbeitsfelder wie die der Fakten-Checker geschaffen. Ein Beispiel für solche Fakten-Checker ist FactMata. FactMata ist ein in London ansässiges Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Beiträge in sozialen Netzwerken sowie Artikel von Redaktionen auf Richtigkeit zu prüfen und diese Mithilfe von künstlicher Intelligenz anhand eines Acht-Punktesystems einzuordnen. Bei der Prüfung wird auf Schlüsselwörter geachtet, die in eine oder mehrere der acht Kategorien politische Meinung, Clickbait, Rassismus, Sexismus, Negativität, Anstößigkeit, Beleidigung oder Drohung passen. Wenn diese Kategorien über einen Schwellenwert hinaus im Inhalt vertreten sind, wird der Artikel als Fake News gekennzeichnet. Ähnlich agieren auch Fakten-Checker wie Logically und NewsGuard.
Zukunft
Fake News werden das tägliche Leben wahrscheinlich nie völlig verlassen. Es gilt allerdings immer skeptisch zu bleiben und Artikeln, vor allem in sozialen Netzwerken, erst zu vertrauen, wenn diese auf ihre Richtigkeit überprüft wurden. Aufgrund der Einfachheit und der schnellen Verbreitung von Fake News nehmen Unternehmen wie Google immer mehr Geld in die Hand, um Plattformen möglichst frei von Falschmeldungen zu halten.
Teaserbild: Fake News begleiten uns täglich bei unserer Reise durch das Internet. Quelle: Zakaria Bouakil
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