Der Weltklimagipfel in Bonn ist gerade zu Ende gegangen. Es war die erste UN-Konferenz, die nach einem System für nachhaltiges Umweltmanagement zertifiziert wurde. Doch was steckt alles hinter der Zertifizierung und wie umweltfreundlich war die Konferenz wirklich? Technikjournal zieht Bilanz. // Von Jan Ole Diekmann und Alexander Grabowski
22.11.2017 // Erderwärmung, Klimawandel, Nachhaltigkeit. Themen, die zurzeit überall präsent sind. Bei der Weltklimakonferenz 2017 (COP 23) wollten die Vereinten Nationen (UN) erneut darüber beraten, wie der vom Menschen verursachte Klimawandel zu bekämpfen ist.
Was ist EMAS?
Die COP 23 sollte nachweislich für ihr Umweltmanagement zertifiziert werden. Dies sollte nach dem weltweit anspruchsvollsten System für nachhaltiges Umweltmanagement EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) geschehen. Das ist eine EU-Verordnung, die garantieren soll, dass Unternehmen und Organisationen nachhaltiges Umweltmanagement betreiben. Als Belohnung dafür werden sie mit dem EU-Label zertifiziert und dürfen dieses zu Werbezwecken nutzen. Die Teilnahme daran ist freiwillig und unabhängig von der Unternehmensgröße oder Tätigkeitsbranche. In der Verordnung selbst ist festgehalten, welche Bedingungen die jeweiligen Organisationen erfüllen müssen. Im Vordergrund steht hierbei vor allem die Kontinuität. Es muss klar erkennbar sein, dass sich sowohl die Umweltleistung als auch die Planungs- und Verwaltungsentscheidungen immer weiter stetig verbessern. Um diese Verordnung auch in Deutschland richtig durchzusetzen, wurde 1995 das Umweltauditgesetz (UAG) erlassen. Ziel dieses Gesetzes ist es, die EMAS- Verordnung in Deutschland durch unabhängige Gutachter zu kontrollieren und zu erweitern.
Wie sollten die Anforderungen von EMAS kontrolliert werden?
Um zu prüfen, ob die strengen Richtlinien und Vorgaben erfüllt wurden, kontrollierten unabhängige Umweltgutachter deren Umsetzung vor, während und nach der Veranstaltung. Im Falle der Weltklimakonferenz 2017 hat das BMUB für die Zertifizierung die Umweltgutachteragentur OmniCert GmbH ausgewählt. Bereits das "Festival der Zukunft" anlässlich des 30. Jubiläums des BMUB im Jahr 2016 wurde von OmniCert erfolgreich mit EMAS zertifiziert.
Welche Maßnahmen wurden für das Ziel der Zertifizierung ergriffen?
Die Eventagentur Vagedes & Schmidt, die mit der Planung und Organisation der COP 23 vom BMUB beauftragt wurde, hat sich für die Zertifizierung verschiedenste Maßnahmen überlegt. Während der Konferenzen und Veranstaltungen sollten so wenig gedruckte Materialien und Publikationen wie möglich verwendet und stattdessen digitale Dokumente zur Verfügung gestellt werden. Wo sonst auf gängigen Veranstaltungen Einweg-Plastikbecher an die Besucher ausgegeben werden, wurde bei der COP für jeden Teilnehmer eine Trinkflasche aus recyceltem Material zur Verfügung gestellt und das Wasser an einer Vielzahl von Wasserspendern bereitgestellt. Somit sollte der Abfall weiter reduziert werden. Für die Verpflegung der Gäste gab es überwiegend vegetarisches Essen, das mindestens zur Hälfte aus biologischem Anbau kommen sollte. Beim Bau der temporären Veranstaltungsgebäude hatte man versucht, hauptsächlich wiederverwendbare Materialien zu nutzen und den Einfluss auf die Natur in der Rheinaue gering zu halten. Die Veranstalter haben davon abgesehen, Bäume zu fällen und sich verpflichtet, die Blumenwiese, auf dem die "Bonn Zone" errichtet wurde, wieder zu renaturieren. Die zwei Zonen der COP 23 sollten zudem CO2-neutral verbunden werden. Dafür standen neben Elektrobussen auch 600 Leihräder zur Verfügung. "Das kann nur funktionieren, wenn jeder mithilft und sparsam mit allen Ressourcen umgeht“, heißt es in einem Informationsvideo des BMUB. Beim Festival der Zukunft waren ähnliche Ziele gesetzt worden. Damals funktionierte vor allem die Anreise der Festivalbesucher mit dem öffentlichen Nahverkehr sehr gut. Bemängelt wurde hingegen die Abfallplanung. Die Speisereste des Caterings wurden von vielen Besuchern fälschlicherweise mit anderem Abfall gemischt, sodass eine Mülltrennung oft nicht mehr möglich war und dieser als Gewerbeabfall entsorgt werden musste. Aus diesem Grund wurde die Empfehlung ausgesprochen bei zukünftigen Veranstaltung vollständig auf Einweggeschirr zu verzichten, auch wenn dieses recyclebar ist, um Müll weiter zu verringern und mögliche Fehler bei der Abfalltrennung im Voraus zu verhindern.
Stimmen und Impressionen von der COP 23
Wie wurden diese Maßnahmen tatsächlich umgesetzt?
Technikjournal war vor Ort und hat Besucher der Weltklimakonferenz gefragt, wie sie die Maßnahmen erlebt haben. Vor allem die Anreise war dabei ein großes Thema. Die meisten Befragten reisten mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Besonders die freiwilligen Helfer kamen mit Bus und Bahn zu ihrer Einsatzstelle. Zu diesen Helfern gehört auch Joachim Bernd Fechner. Er ist dafür verantwortlich, dass die Fahrräder, die die Teilnehmer kostenlos ausleihen konnten, wieder an ihren Ausgangsort zurückkommen. „Die Konferenz war im Großen und Ganzen umweltfreundlich. Beim Essen wurden beispielsweise ausschließlich Porzellanteller verwendet, um unnötigen Müll zu vermeiden. Es ist jedoch fraglich wie umweltverträglich die großen Dieselgeneratoren sind, mit denen hier der Strom und Heißluft zum Heizen produziert wird“, beurteilte Fechner die COP 23. Die Teilnehmer schienen die kostenlosen Fahrräder und die eingesetzten Fahrzeuge, sogenannte E-Shuttles, intensiv zu nutzen. Es gab jedoch noch weitere Probleme, wie die freiwilligen Helfer Aline Sager und Katharina Steinschulte berichteten: „Die Essensrationen, die die Beteiligten bekamen, waren teilweise so groß, dass einiges weggeschmissen werden musste. Wir arbeiteten im Print-Office und auch dort wurde teilweise Papier verschwendet." Zudem hätten sie selbst gegen Ende der Veranstaltung noch Aufträge für Flyer bekommen, die wahrscheinlich niemand mehr genutzt hat.
Wie umweltfreundlich war die COP 23 denn nun wirklich?
Vor allem in den sozialen Medien beklagen Nutzer, wie sinnvoll und umweltfreundlich es sein könne, beispielsweise die Delegierten und weiteren Besucher der Konferenz über lange Strecken anreisen zu lassen. Zudem ist der Erfolg einer solchen Klimakonferenz nicht immer absehbar. Bereits im Vorfeld der Weltklimakonferenz 2001 war eine sogenannte Vorkonferenz ohne Beschlüsse beendet worden – der Aufwand also umsonst. Unter anderem deswegen demonstrierten bereits am 6. November Kinder und Jugendliche in einer Greenpeace-Demonstration für „Maßnahmen statt leerer Worte“. Die Ziele des Pariser Klimaabkommens aus dem Jahr 2015 konnten bisher von keinem der Vertragsstaaten eingehalten werden und mussten daher bei dieser Konferenz überarbeitet werden. Seit Freitag dem 17. November ist die COP 23 offiziell als erste Weltklimakonferenz EMAS zertifiziert. Die Gutachter von OmniCert prüften über den Zeitraum der Konferenz die Einhaltung der EMAS-Richtlinie und werden in den kommenden Wochen zusammen mit dem Bundesumweltministerium eine umfassende Umwelterklärung erarbeiten, die auch für die Öffentlichkeit einsehbar sein wird.
Die Weltklimakonferenz
Zu diesem Anlass wurde um und im Freizeitpark Bonner Rheinaue eine weitläufige Veranstaltungslandschaft aufgebaut. Zu ihr gehörten auch temporäre Hallen und Zelte für Informationsstände der einzelnen Staaten und Randveranstaltungen zu klimapolitischen Themen. Dieser Veranstaltungsbereich, die „Bonn Zone“, erstreckte sich über 35.000 Quadratmeter. Insgesamt umfasste die Veranstaltungsfläche, inklusive dem World Conference Center Bonn, weit mehr als 55.000 Quadratmeter. Der Aufbau der Anlage dauerte im Voraus fast zwei Monate. Die diesjährige Weltklimakonferenz wurde zum größten Teil aus den Etats des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und des Auswärtigen Amtes mit rund 117 Millionen Euro finanziert. Zusätzlich standen allerdings noch etwa sieben Millionen Euro für die inhaltliche Unterstützung des fidschianischen COP-Vorsitzes aus dem Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zur Verfügung. Die Veranstaltung sollte nicht nur den Standort Bonn für internationale politische Themen, weitere UN-Organisationen und Konferenzen attraktiv machen, sondern nach Schätzungen der Tourismus & Congress GmbH Bonn auch einen wirtschaftlichen Effekt auf die Region haben. Sie prognostizierten im Voraus Ausgaben der Konferenzbesucher in Bonn und Umgebung in Höhe von etwa 70 Millionen Euro.
Teaser-Bild Quelle: BMUB, Dominik Ketz