Heute Nacht gut geschlafen?

Wer diese Frage langfristig mit "nein" beantworten kann, gehört zu den 34 Millionen Deutschen, die nicht gut schlafen. Nach dem DAK-Gesundheitsreport 2017 leiden immer mehr Menschen unter Schlafstörungen. Technikjournal ist der Ursache auf den Grund gegangen und hat sich die Technik in einem Schlaflabor genauer angeschaut. // Von Alessa Toth und Katharina Rieger

Seit 2010 haben Schlafstörungen bei Berufstätigen im Alter von 35 bis 65 Jahren um 66 Prozent zugenommen. Nach der DAK-Studie sind 80 Prozent der Befragten betroffen. Zu einer ärztlichen Behandlung oder einer Krankschreibung kommt es aber nur in den seltensten Fällen. Lediglich 4,8 Prozent der Erwerbstätigen wurden aufgrund ihrer Schlafprobleme bei einem Arzt vorstellig. Die Folge: Fast die Hälfte der Arbeitnehmer sind im Berufsalltag müde und erschöpft. Demnach sind sie nicht zu 100 Prozent leistungsfähig, was Nachteile für Arbeitgeber mit sich bringt.

Verschiedene Auslöser

Äußere Einflüsse wie Alkohol, Koffein, Nikotin aber auch Schichtarbeit können Auslöser für Schlafstörungen sein. Psychische Erkrankungen, Stress aber auch organische Ursachen wie beispielsweise Atemaussetzer oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen ebenfalls mit zu den Gründen. Nicht selten spielen mehrere Faktoren eine Rolle.

Um der Schlafstörung gezielt auf den Grund zu gehen und alle möglichen Ursachen abzuklären, ist ein Aufenthalt im Schlaflabor sinnvoll. Dabei wird eine sogenannte Polysomnographie erstellt, bei der zahlreiche Messungen mit Elektroden durchgeführt werden.

Was messen die Elektroden genau?

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Wichtige Vitalfunktionen und Gehirnströme werden bei einem Aufenthalt im Schlaflabor ununterbrochen aufgezeichnet.

Das Schlaflabor

In Deutschland gibt es über 300 akkreditierte Schlaflabore. Diese können in Arztpraxen sein oder in einer speziellen Abteilung in Kliniken. Das Aussehen eines Schlaflaborzimmers unterscheidet sich in der Regel kaum von einem herkömmlichen Krankenhauszimmer. Trotzdem muss es einigen Anforderungen entsprechen. Das Patientenzimmer muss mindestens zwölf Quadratmeter groß und von der Gerätetechnik abgetrennt sein. Außerdem muss für ausreichend Dunkelheit, akustische Isolierung, Temperaturregulierung und Belüftung gesorgt werden. Zudem ist ausreichend Personal wichtig. Die geschulten Mitarbeiter müssen während des gesamten Aufenthalts für den Patienten erreichbar sein.

Auswertung der Daten

Im Anschluss wertet das Personal die Daten aus. Die mit Elektroden am Körper gemessenen Daten werden als Spannungskurven dargestellt. Jede Kurve hat einen charakteristischen Verlauf. Die Hirnströme zeigen einen wellenartigen Verlauf, wohingegen das Aktionspotential der Muskeln eher einen zackenförmigen Kurvenverlauf hat. Das EKG misst die Herzstromkurve und gibt Auskunft über Frequenz und Rhythmus. Eine weitere wichtige Größe ist das Netzhautruhepotential, da sehr schnelle und kleine Augenbewegungen registriert werden können. Die Messungen werden mit den typischen Kurven abgeglichen. Auffällige Abweichungen des Polysomnogramms deuten auf eine Störung oder eine Erkrankung hin. Im Anschluss kann eine für den Patienten geeignete Behandlungsmethode ermittelt werden. Ob die Schlafstörung mit Medikamenten behandelbar ist oder bei einer Schlafapnoe beispielsweise eine Atemmaske notwendig ist, muss individuell entschieden werden.

Was die häufigsten Ursachen für Schlafstörungen sind und wie Patienten behandelt werden können, erklärt Professor Ramin Naim , HNO-Arzt und Schlafmediziner in Bonn Duisdorf, im Interview.

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Professor Naim erklärt den Ablauf. Von der Anamnese bis zum eigentlichen Aufenthalt im Schlaflabor.

Andere Arten von Schlafstörungen

Zu den bekanntesten Schlafstörungen zählt die Insomnie. Betroffene haben große Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Wenn mehr als eine halbe Stunde bis zum Einschlafen vergeht und diese Zeit auch nach einem nächtlichen Aufwachen bis zum nächsten Einschlafen benötigt wird, sprechen Ärzte von einer Ein- und Durchschlafstörung. Betroffene, die unter einer Hypersomnie leiden, haben tagsüber ein erhöhtes Schlafbedürfnis. Da die Atmung im Schlaf nicht bewusst gesteuert wird, sondern über das vegetative Nervensystem, kann es unter Umständen zu Atemstörungen kommen. Auch Bewegungen in der Nacht können den Schlaf negativ beeinflussen. Das sogenannte Restless-Leg-Syndrom tritt auf, wenn die Beine in eigentlichen Ruhephasen einen erhöhten Bewegungsdrang verspüren und das Einschlafen so verhindern. Zu den Parasomnien zählen verschiedene Verhaltensauffälligkeiten im Schlaf, wie Schlafwandeln, Zähneknirschen, Sprechen oder um sich schlagen.

Wenn die Technik nichts findet

Wenn eine körperliche Erkrankung auszuschließen ist, die Schlafstörung aber bestehen bleibt, gibt es trotzdem Möglichkeiten zur weiteren Behandlung. Heilpraktikerin Nicola Roth bietet ihren Patienten verschiedene Therapien an. Von Homöopathie, Akupunktur bis zu einer Gesprächstherapie. Sie beginnt mit einer vollständigen Anamnese, bei der Patienten über eventuelle Vorerkrankungen berichten und ihre Lebenssituation schildern. Bei Schlafstörungen erinnert sie daran, dass ein Rhythmus im Leben wichtig sei. "Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und braucht Routinen in seinem Leben", so Nicola Roth. Dazu zählt das Zubettgehen und Aufstehen zu einer immer gleichen festgelegten Zeit. Laut Roth kann auch das Führen eines Tagebuchs helfen, Sorgen und Ängste vor dem Schlafengehen aufzuschreiben. Mithilfe einer Gesprächstherapie kann das Risiko der Betroffenen, angesichts ihres Schlafmangels, an Depressionen und Angststörungen zu erkranken, verringert werden. "Je nachdem, was der Patient gerade braucht, bekommt er Unterstützung und die Möglichkeit, seine Konflikte anzuschauen und zu bearbeiten", so Roth.

Smartphone absichtlich im Bett?

Dass das Smartphone ein ständiger Begleiter - vor allem von jungen Menschen -  ist, ist nichts Neues. Nicht selten schläft der ein oder andere mit diesem in der Hand ein. Die vier Millionen Downloads von Schlaf-Apps zeigen, dass einige Nutzer es sogar passiv in der Nacht verwenden, um ihren Schlaf zu tracken. Über 3,5 Millionen Mal wurden Apps heruntergeladen, die mit einem zugehörigen Gadget, wie zum Beispiel einer Pulsuhr, verbunden werden. Diese misst beispielsweise Puls, Temperatur und Sauerstoffgehalt im Blut. Andere registrieren nachts die Bewegungen im Schlaf. Voraussetzung dafür ist, dass das Handy mit im Bett liegen muss. Oft gedownloadet werden Apps, die Geräusche aufnehmen. Sie können nicht nur Schlafgeräusche, wie Schnarchen aufzeichnen, sondern auch, ob es in der Umgebung zu laut ist. Wer solche Apps über einen längeren Zeitraum nutzt, kann mehr über seinen Schlaf erfahren. Hilfreich sind diese, um zu kontrollieren ob man die empfohlenen 7,5 Stunden Schlaf erreicht. Heilpraktikerin Nicola Roth warnt vor dem Druck durch Tracking-Apps. "Viele Menschen steigern sich noch mehr in die Problematik des Nicht-Schlafen-Könnens hinein, wenn ihnen die App anzeigt, wie oft sie nachts aufgewacht sind". Ersetzen können diese Apps einen Aufenthalt im Schlaflabor nicht, da sie weder Gehirnströme messen, noch konkrete Aussagen über Schlafstadien geben.

Ein weiteres Problem sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen solcher Apps. Die vom Bundesgesundheitsministerium geförderte Studie der Medizinischen Hochschule Hannover zeigt die Intransparenz. Nutzer haben oft keine wirkliche Kontrolle über die Daten, da diese oft im Ausland und nicht in Deutschland gespeichert werden. Somit fallen diese nicht unter das deutsche Datenschutzrecht und können unter Umständen weitergegeben werden.

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Einschätzung von Professor Naim zu Schlaf-Tracking-Apps.

Tipps für einen besseren Schlaf


Folgende Tipps sind laut Schlafmediziner Professor Ramin Naim für einen guten und erholsamen Schlaf zu beachten:

o Die Temperatur im Schlafzimmer sollte einen bestimmten Wert nicht überschreiten: zwischen 18 und 19 Grad gilt als optimale Schlaftemperatur.
o Allergiker sollten Fenster besonders in der Pollenzeit geschlossen halten.
o Zimmer ausreichend Abdunkeln und kein Lärm.
o Vor dem Schlafengehen sollte keine zu hohe Hirnleistung, wie beispielsweise Autofahren, erbracht werden. Auch das Lernen für die Uni sollte nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen erfolgen.
o Keine Zigaretten und kein Alkohol. Warme Getränke indizieren Schlaf und sind empfehlenswert.
o Nicht kurz vor dem Schlafengehen essen. Das Abendessen sollte drei Stunden vor dem Zubettgehen erfolgen.

Was bei akutem Schlafmangel noch passiert, kann hier nachgelesen werden.

Teaserbild: pexels.com - Photo by Ivan Obolensky

Die Autorinnen

Autorenfoto von Katharina Rieger

Katharina Rieger

Alessa Toth

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