Im Wald gelten Rückemaschinen als unverzichtbar: Sie bewegen tonnenschwere Baumstämme aus dem Forst. Doch das hinterlässt Spuren. Wo der Wald geschont werden muss, rücken deshalb auch Pferde die Bäume – und vermeiden negative Technikfolgen.//Von Christopher Stritzel und Carina Wabnitz
Im vergangenen März fegte Sturmtief Eberhard über Deutschland und hinterließ zahlreiche umgeknickte Bäume. Sturmflächen müssen zunächst geräumt und neu bepflanzt werden. Auch die steigende Anzahl an Borkenkäfern führt dazu, dass mehr Holz als gewöhnlich anfällt. Betroffene Bäume müssen gefällt und aus dem Wald gebracht werden, um eine Weiterverbreitung der Käfer zu verhindern.
Maschinen in der Holzernte
Rückemaschinen können bis zu 200 Kubikmeter Holz am Tag aus dem Wald ziehen und sind deshalb bei solchen Arbeiten unentbehrlich. In den Fünfzigerjahren wurden sie für die speziellen Bedürfnisse bei der Holzernte entwickelt. Dadurch konnte nicht nur die Holzernte gesteigert werden, sondern auch die Waldarbeit sei dadurch sicherer und leichter geworden, sagt Förster Marc Redemann vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Die Maschinen bringen aber auch Nachteile mit sich, denn sie sind schwer. Sie wiegen zwischen 16 und 23 Tonnen. Durch die Möglichkeit, mehrere Baumstämme gleichzeitig transportieren zu können, erreichen sie ein Gesamtgewicht von teils mehr als 40 Tonnen. Die Belastung auf den Boden kann in verschiedenen Betriebswinkeln noch erhöht werden. Arbeiten die Maschinen am Hang oder in schrägen Gebieten, so muss die Last über weniger Fläche verteilt werden. Das verdichtet die Böden, auf denen die Forstmaschinen arbeiten und fahren. Der Grad der Verdichtung hängt vom Fahrzeuggewicht, der Art der Reifen und der Anzahl der Überfahrten in derselben Spur ab.
Maschinen in der Forstwirtschaft
Forstschlepper sind speziell für den Wald modifizierte Traktoren. Sie benutzen Rückeschilde mit verbauten Seilwinden und Kranarme, um die Baumstämme zu befördern. Sie verfügen über Knickgelenke, die zur Beweglichkeit beitragen. Manche Schlepper können ebenfalls mit einem Anhänger einige Stämme sammeln bevor sie zum Polter müssen.
Harvester bilden die größte aller Forstmaschinen. Sie verfügen über eine Greifvorrichtung mit verbauter Säge. Damit greifen sie den Stamm und sägen ihn ab. Danach vermessen sie die Stämme und schneiden sie auf die entsprechende Länge. Harvester können 15 bis 20 Festmeter Holz die Stunde verarbeiten. Ein Waldarbeiter mit Säge schafft im Vergleich zwei bis drei Festmeter.
Rückeraupen sind wesentlich kleiner und wendiger als große Forstmaschinen. Sie verfügen über eine Seilwinde und können ferngesteuert werden. Das Verfahren läuft wie folgt. Zuerst befestigt der Holzrücker ein Stahlseil mit Hilfe einer Eisenkette an einem gefällten Stamm. Mit der Seilwinde wird der Baum zur Maschine gezogen. Anschließend fährt der Holzrücker die Rückeraupe samt Stamm an den Weg oder direkt zum Polter. Hier kann er vom Forwarder eingesammelt werden.
Die Technikfolgen der Rückearbeit
Die Versickerung von Regenwasser wird maßgeblich durch die Verdichtung eingeschränkt. Durch das abfließende Wasser wird die Bodenerosion, der Bodenabtrag, verstärkt. Der Boden verliert die Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern und die Bodenbelüftung sinkt – wichtige Funktionen der Waldböden. Infolge der Bodenverdichtung sinkt das Volumen, was den Wasser- und Lufttransport in der Erde beeinträchtigt. Dadurch verschlechtert sich auch der Nährstofftransport. Die Folgen: Bodenbewohner, darunter Insekten und Bakterien, brauchen länger, um organische Substanzen zu zersetzen, denn ihre Lebensbedingungen verschlechtern sich. Neue Schichten entstehen dadurch langsamer – ein Zentimeter entsteht gewöhnlich in 100 Jahren. Durch den Einsatz von Maschinen entsteht neuer Boden noch langsamer. Auch Pflanzen wachsen schlechter. Das ist nicht nur für den Wald teuer, sondern auch für den Förster. Verschlechterte Wuchsbedingungen sorgen für verminderte Erträge in der Holzernte. Aber auch an Bäumen und Sträuchern richten Rückemaschinen Schaden an. Durch ihre Größe verletzen die Maschinen bei der Fahrt Baumrinden. Die verletzten Bereiche sind für Pilze und Infektionen besonders empfindlich. Die sogenannte Naturverjüngung, natürlich nachwachsende junge Pflanzen, wird bei dem maschinellen Einsatz oft überfahren. Dadurch vermindert sich die Holzqualität bereits in den ersten Jahren. Aufgrund der Nachteile, die der Einsatz von großen Rückemaschinen mit sich bringt, sind Alternativen attraktiv.
Im kleinen Maßstab Holzrücken
Mehrere Unternehmen bauen neue, kleinere und leichtere Maschinen wie die Rückeraupen. Mit einer Länge von 2,20 bis 2,30 Meter und einer Breite von bis zu 1,50 Meter sind sie wesentlich kleiner als ihre Vorgänger. Die speziell entwickelten Maschinen üben weniger Bodendruck aus. Dadurch können der Bestand und der Boden geschont werden. Sie sind nicht so leistungsfähig und schnell wie herkömmliche Rückemaschinen, doch an vielen Orten einsetzbar. Jedoch richteten sie beim Drehen eine ziemliche oberflächliche Zerstörung an, so Marc Redemann. Man dürfe nicht davon ausgehen, dass größere Maschinen automatisch schädlicher für den Wald seien. Neben fest verbauten Seilwinden wurden verschiedene austauschbare Arbeitsgeräte wie beispielsweise Mähmaschinen, sogenannte Mulcher, entwickelt. Diese können in weiteren Arbeitsgebieten, wie zum Beispiel auf dem Acker, eingesetzt werden. Dort können sie ebenfalls schwere Maschinen ersetzen oder als Ergänzung dienen.
Rückepferde zum Schutz des Waldbodens
Aber auch eine alte Methode hat noch Bestand. Der Einsatz von Rückepferden. Vor der Mechanisierung wurden sie regelmäßig bei der Holzernte eingesetzt. Damals war der Tierschutz nicht so ausgereift wie heute. Rückepferde lebten aufgrund von Überbelastung in der Regel nur wenige Jahre. Heute dürfen sie nur noch kleinere und leichtere Baumstämme aus dem Wald ziehen. Als die Forstmaschinen entwickelt wurden, lösten sie die Rückepferde mit der Zeit ab. In den Siebzigerjahren waren sie fast völlig aus den Wäldern verschwunden. Heutzutage werden sie zur Waldschonung noch eingesetzt.
Mensch und Tier bei der Waldarbeit
Ein Pferderücker arbeitet dabei mit einem Pferd zusammen. Kaltblüter sind die bevorzugte Rasse für diese Arbeit. Sie haben ein ruhiges Gemüt und sind somit für Arbeiten einsetzbar. Im Schnitt wiegen sie rund 700 Kilogramm. Je nach Auftrag oder Einsatzgebiet werden aber auch schwerere Pferde eingesetzt. Das Pferd trägt ein Kumt um Hals und Schultern. Dieses spezielle Geschirr verteilt die Last auf Brust und Schultern. Das Pferd wird von dem Pferderücker durch den Bestand geleitet und kann dabei bis zu 25 Prozent seines Eigengewichts über längere Zeiträume befördern. "Wenn ein schweres Rückepferd eine Tonne wiegt, dann darf das Pferd 250 Kilogramm rücken. Das ist nicht viel", sagt Redemann. In der klassischen Art wird das Holz mit einer Motorsäge auf bis zu 20 Meter geschnitten. Oft schwerer als das Pferd selbst. Große Fichten wiegen 1,5 bis 2,5 Tonnen. Redemann meint dazu, das schaffe ein Pferd nicht. Aber überall, wo die Holzmasse nicht so stark sei, da hätten sie ihre Berechtigung, so Redemann weiter. Der Tierschutzfaktor sei der begrenzende und limitierende Faktor.
Video: Technikjournal war beim Holzrücken mit einem Pferd dabei.
Vorteile von Rückepferden
Zudem bekommt der Wald dank Hitze und Stürme ein weiteres Problem: Den Borkenkäfer. Er muss schnellstmöglich beseitigt werden. Laut Redemann ginge es um Forstschutz und das müsse schnell gehen. Das könne man nur mit Maschinen bewerkstelligen. Bereiche, in denen Rückepferde gut arbeiten können, sind Naturschutzgebiete und Feuchtgebiete. Die Abstände zwischen den Rückegassen in Staatswäldern wurden aufgrund des Naturschutzes vergrößert. Sie sind mittlerweile auf 40 bis 60 Meter vergrößert worden. Da kommen große Maschinen nicht hindurch, um die Stämme herauszuholen. Damit hat sich ein weiteres Feld eröffnet, wo sie gut einsetzbar sind. Der Harvester schneidet das Sägeholz auf vier bis fünf Meter lange Abschnitte. Das kann ein Pferd an die Rückegasse liefern, wo es der Forwarder einsammeln kann. Laut Redemann sei es zwar auf den ersten Blick ein Widerspruch, aber am besten könnten Tier und Maschine gemeinsam arbeiten.
Die Waldwirtschaft in Deutschland
Teaserbild: Rückepferd "Kyra" am Polter Quelle: Christopher Stritzel, Carina Wabnitz