Eine Frau steht vor Blumenbüschen und riecht an einer Flasche, das Gehirn und die Flasche sind stilisiert und treten durch die grüne Farbe in den Vordergrund

Das retronasale Riechen - Geschmack durch die Nase

Wer Schnupfen hat, kennt das Problem, das Essen schmeckt nach nichts. Denn der Geruchssinn spielt eine größere Rolle beim Geschmack als die Zunge, das Stichwort hierbei ist das retronasale Riechen. Ein bayrisches Unternehmen hat sich dieses Phänomen zunutze gemacht. // von Katharina Welter und Jennifer Flury

Das retronasale Riechen ist der Fachbegriff für die Fähigkeit, Gerüche durch den Mund wahrzunehmen. Hals-Nasen-Ohren-Ärzte schätzen, dass rund 90 Prozent der Sinneseindrücke während des Essens ausschließlich von Geruchssignalen stammen. Ein Duft wird über den Mund- und Rachenraum aufgenommen, sodass unser Gehirn ihn als Geschmack interpretiert. Eine speziell designte Flasche macht sich das zunutze. "Das Trinken aus der Flasche mag eine gute Alternative für Menschen sein, die sonst auf zuckergesüßte Getränke zurückgreifen würden. Für Menschen, die ohnehin meist Wasser trinken ändert sich durch die Verwendung von diesen Flaschen wenig." erklärt Anja Gahl, Ernährungswissenschaftlerin und Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Zuckergesüßte Getränke seien mit 38 Prozent der Zuckerzufuhr einer der Hauptlieferanten von Zucker und haben am wenigsten Mehrwert. "Wenn es den Menschen, die sonst auf zuckergesüßte Getränke zurückgreifen, durch diese Technologie gelingt, weniger dieser Getränke zu trinken, könnte sie möglicherweise dabei unterstützen, den Zuckerkonsum zu senken." ergänzt Sie.

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Der Weg der Geruchswahrnehmung

Viele Menschen glauben, dass die Zunge die größte Rolle bei der Geschmackswahrnehmung spielt. Die Zunge kann allerdings nur fünf verschiedene Geschmacksinformationen an das Gehirn weitergeben. Bekannt sind süß, salzig, bitter, sauer und umami. Ein Großteil der Sinneseindrücke beim Essen sind allerdings Geruchswahrnehmungen. Da kommt das retronasale Riechen ins Spiel. Dabei steigen beim Schlucken flüchtige Aromastoffe über die Rachen-Nasen-Verbindung in die Nasenhöhle. Dort erreichen sie die Sinneszellen, die für die Wahrnehmung von Gerüchen verantwortlich sind. Die Aromastoffe docken an den Rezeptoren an und lösen einen elektrischen Impuls aus. Dieser Impuls wird im Inneren der Sinneszellen verstärkt und über lange Fortsätze in den Riechkolben geleitet. Dieser verarbeitet die Informationen und leitet sie an das Riechhirn weiter. An der Stelle wird der Nervenreiz sortiert, gebündelt und an verschiedene Bereiche des Gehirns verteilt.

Von dem Mund ins Gehirn

Thomas Hummel, Professor im Universitätsklinikum Carl Gustav in Dresden und Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken erklärt, dass der Riechkolben, der unterhalb des Frontalhirns liegt, und ein Teil des Vorderhirns, der der Geruchswahrnehmung dient, besonders wichtig in der Verarbeitung von Duftreizen sind.

Eine Erfindung die das Gehirn austrickst

Liebe geht bekanntlich durch den Magen, aber geht Geschmack auch durch die Nase? Das hat sich auch ein bayrisches Unternehmen gefragt und eine Flasche entwickelt. Diese soll mithilfe von angesteckten Duftpods das Gehirn austricksen. Das getrunkene Wasser kann dadurch nach den verschiedenen Geschmacksrichtungen der Duftpods wie zum Beispiel Cola, Zitrone oder Orange schmecken. Ziel des Unternehmens ist es, nicht auf den Geschmack zuckerhaltiger Softdrinks zu verzichten, obwohl nur Wasser in der Flasche ist. Laut Jessica Freiherr, Professorin für Neurowissenschaften der sensorischen Wahrnehmung an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, könne hierbei nicht von austricksen gesprochen werden, da sich dieses Produkt das zunutze macht, was sich der Mensch im Laufe der Evolution angeeignet hat. Der Mensch hat gelernt, dass Kirschlimonade süß schmeckt und diese Assoziation wird dementsprechend genutzt.

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Stilisierte Darstellung vom Profil eines Menschen, der aus der Flasche trinkt. Das retronasale Riechen ist mit Pfeilen gekennzeichnet //Quelle: Katharina Welter

Die Funktionsweise der Flasche

Wenn die Flasche mit Wasser gefüllt ist, steckt der Konsument einen beliebiger Duftpod auf das Kopfteil der Flasche. Der integrierte Strohhalm sorgt dafür, dass die Flasche nicht kippen werden muss. Dadurch muss der Konsument an der Flasche saugen. An dieser Stelle kommt das retronasale Riechen zum Einsatz. Beim Trinken entsteht ein Sog, der die Luft und somit auch den Geruch von außen in den Mund transportiert. Dadurch glaubt das Gehirn, dass das Wasser in der Flasche einen Geschmack hat. Das Kopfteil der Flasche ist zum Gesicht gewölbt, so dass trotz des Strohhalms der Duftpod möglichst nah an der Nase sitzt. Diese Designs unterstützt die Funktionsweise des retronasalen Riechens.

Die Intensität des Geschmacks

Obwohl das Wasser jetzt nicht mehr nur nach Wasser schmeckt, wird der Geschmack dennoch häufig als fad empfunden. „Denn der Unterschied zu direkt mit Aromen versetzten Getränken, zum Beispiel Saft oder ähnliches, ist wohl nicht zu vernachlässigen, da auch im Mund Geschmacksrezeptoren sitzen und Aromen, in diesem Fall Zucker, in diesem Fall vor allem Zucker, wahrnehmen können. Zudem spielt für das Erlebnis eines Geschmacks auch das Mundgefühl, durch zum Beispiel Kohlensäure, des Getränks eine nicht geringe Rolle" erklärt Andreas Grasskamp, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung. Thomas Hummel ist der Meinung, man kann den Geschmack der Duftpods durch zum Beispiel höhere Intensität intensivieren oder durch eine bessere Mischung der Gerüche. Das kann man erreichen, indem man zum Beispiel auch eine geringe Menge unangenehmer Düfte in die Mischung zugibt.

Die Autorinnen

Bild von Jennifer Flury

Jennifer Flury

Platzhalterfoto von Katharina Welter

Katharina Welter

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