In der Landwirtschaft werden seit ein paar Jahren immer mehr Roboter und Drohnen eingesetzt. Ob zur Unkrautuntersuchung oder zur Schadstoffbekämpfung und Pflanzenversorgung - die Ziele der verschiedenen Projekte sind unterschiedlich, doch wenn sie kombiniert werden, können sie die Landwirtschaft und die Pflanzenanalyse auf ein neues Level bringen. // Von Timo Brauer und Tilman Wrede
In Meckenheim-Altendorf beginnt so langsam die Erntezeit, die ersten Landwirte fahren raus auf die Felder, um ihr Getreide zu ernten. Doch zwischen den Mähdreschern und Treckern ist auf einem 181 Hektar großen Feld neben einem vergleichsweise kleinen Roboter noch etwas anderes zu sehen: eine Drohne. Sie fliegt über dem Feld und ist neben den großen landwirtschaftlichen Maschinen überhaupt nicht zu hören.
Ein Forschungsprojekt der Uni Bonn setzt Drohnen und Roboter ein, um Unkraut zu entdecken und das Wachstum zu beobachten. Das Projekt startete vor dreieinhalb Jahren mit dem Ziel die Agenda 2030 (17 Ziele, formuliert von den Vereinten Nationen für eine nachhaltigere Zukunft) erfolgreich umzusetzen und einen Anteil zur Grundlagenforschung beizutragen.
Drohnen liefern Luftbilder
Die Drohnen stammen vom chinesischen Hersteller DJI und werden mit einer selbstentwickelten Software betrieben. Im ersten Schritt werden die Drohnen zur Datenaufnahme verwendet. Dazu nehmen sie Fotos aus der Luft auf und eine Software verarbeitet die gewonnenen Sensordaten. Aus diesen Fotos wird am Computer eine Karte zusammengesetzt, die die Position der Drohne zu jedem Zeitpunkt genau bestimmt. Anschließend werden die von der Drohne aufgenommenen Bilder zu einem großen Luftbild zusammengesetzt.
Sobald das Luftbild fertig ist, kann die Analyse beginnen. "Wir arbeiten an Wertesystemen, die darauf trainiert werden zu erkennen, ob es sich um Erde, Unkraut, oder eine Nutzpflanze handelt", sagt Cyrill Stachniss, Professor an der Uni Bonn und Projekteiter. Mit den Erkenntnissen wird eine Karte erstellt, um zu unterscheiden, welcher Pflanzenschutz in welcher Dosierung nötig ist. "Wir lassen das Unkraut aber stehen, es sind Testfelder und wir wollen die verschiedenen Unkrautstadien alle drei Tage beobachten, um unsere Datenbasis zu vergrößern."
Für den Gebrauch von Drohnen gilt auch hier das Drohnengesetz des Landes NRW. Für den Einsatz von Drohnen ist eine Aufstiegslizenz sowie, bei einem Startgewicht von über 2 Kilogramm, ein Führerschein notwendig. Diese ist außerhalb von geschlossenen Ortschaften und weit entfernt von Infrastruktur, wie Autobahnen oder Stromtrassen, allerdings leicht zu erhalten.
Von der Forschung zum Einsatz gegen Unkraut
Die Unkrautbekämpfung mit der Drohne selber sei sehr schwierig, da die Drohne wegen der dichten Bepflanzung nicht zwischen die Pflanzen fliegen könne, so Cyrill Stachniss. Für dieses Problem hat die Uni Bonn hingegen einen anderen Ansatz. Mit dem Einsatz von kleinen Robotern soll das Unkraut vernichtet werden. Die Software zur Unkrauterkennung ist die gleiche wie die der Drohnen. Bei den Robotern gibt es zwei Möglichkeiten, das Unkraut zu entfernen. Bei einer Methode ist eine Nagelpistole auf dem Roboter befestigt, die das erkannte Unkraut zurück in den Boden schiebt. Die andere Möglichkeit ist das Weglasern. Auch hier wird das Unkraut erkannt und dann durch einen Laser entfernt.
Josef Bosch ist gelernter Landwirt, hat bei Europas größtem Agrarhändler BayWa gearbeitet und arbeitet nun bei Farmfacts GmbH, einem Anbieter für digitale Farming Lösungen. Drohneneinsatz in der Landwirtschaft ist sein Spezialgebiet, er arbeitete bei BayWa an Schädlingsbekämpfung mit Drohnen und kümmert sich nun um die Digitalisierung dieser Systeme. Den Einsatz von technischen Hilfsmitteln findet er zwar klug, zum Einsatz von Lasern gegen Unkraut gibt Josef Bosch aber zu bedenken: "Energietechnisch ist das Weglasern von Unkraut jedoch fraglich, der Laser braucht nochmal mehr Strom und somit viel Energie. Effizient ist es auf jeden Fall, der Laser erkennt gut, was schlecht ist und was nicht." Bei einer Bepflanzung in Reihen sei es am einfachsten, alles was außerhalb der Reihe wächst zu entfernen. Mit einer Kamera ist dies teilweise schwieriger zu erkennen.
Pflanzenversorgung durch Roboter in Braunschweig
Auch Forscher der TU Braunschweig arbeiten zusammen mit dem Thünen-Institut an einem ähnlichen System mit Drohnen und kleinen Robotern. Allerdings steht hier die Versorgung der einzelnen Pflanzen im Vordergrund. Mit werkzeugkoffergroßen Robotern wollen sie jede Pflanze auf dem Feld erreichen können. Die auf den Namen "Helios" getauften Roboter sollen die Pflanzen einzeln untersuchen und sie individuell mit Nährstoffen versorgen. Till-Fabian Minen von der TU Braunschweig erklärt die Vorzüge des selbstentwickelten Systems: "Dadurch lassen sich einfacher sogenannte Mischkulturen anbauen und man braucht keine großen Felder mit Monokulturen." Dies ermögliche eine größere biologische Vielfalt und erschwere die Ausbreitung von Schädlingen. Die Technik, auf der dieses System basiert, nennt sich "Precision Farming", auf Deutsch "Teilflächenspezifische Bewirtschaftung". Bereits heute wird dieses Prinzip von einigen Landwirten eingesetzt. Firmen wie Agravis erstellen sogenannte Managementzonenkarten, also Karten der Ackerfläche mit genauen Daten über die Bodenbeschaffenheit, zur Berechnung des benötigten Düngers und der idealen Bepflanzung. Daniel Werner, zuständig für Produktmanagement bei Agravis Netfarming, erklärt, dass sich diese Karten durch autonome Kleinmaschinen regelmäßiger und kostengünstiger erstellen lassen.
Das Projekt der TU Braunschweig besteht allerdings nicht nur aus Robotern, sondern umfasst ein Netzwerk, einschließlich der Datenerfassung und Steuerung durch einen zentralen Server. So kommen auch Drohnen zum Einsatz, die Karten aus der Luft erstellen können.
Drohnen können nicht in Felder fliegen
Beide vorgestellten Systeme setzen auf einen Einsatz von Drohnen sowie autonomen Robotern. Auch wenn die Forscher der Uni Bonn beide Technologien noch nicht so vernetzt haben wie die Forscher der TU Braunschweig, wird es im Endeffekt auf eine Zusammenarbeit von beiden Geräteklassen hinauslaufen. Beide Geräte haben ihre individuellen Einsatzszenarien, die sich nicht vollständig von der jeweils anderen Gerätegattung übernehmen lassen. Trotz der vielen Einsatzmöglichkeiten, werden die autonomen Landmaschinen klassische Traktoren nicht ersetzen, sondern ergänzen. So würde das Pflügen von (selbstfahrenden) Traktoren übernommen werden, während die Aussaat, Bewässerung und Düngung von den kleinen Robotern geleistet werden könnte. Erst bei der Ernte kämen wieder Traktoren zum Einsatz.
Der seltenere Einsatz von schweren Traktoren sei auch besser für den Boden, erläutert Minzen von der TU Braunschweig. Durch das geringere Gewicht der kleinen Roboter träten lediglich Verdichtungen im Oberboden auf, die dem Pflanzenwachstum nicht schaden würden.