Im Kölner Regionalverkehr sollen bis 2030 nur noch emissionsfreie Fahrzeuge eingesetzt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Regionalverkehr Köln im Februar 30 neue Brennstoffzellen-Hybrid-Busse bestellt. Doch ist Wasserstoff wirklich emissionsfrei? Und wie schneidet er im Vergleich mit Diesel und Elektro ab? // Von Janik Nolden
Die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) und die Wuppertaler Stadtwerke GmbH haben im Februar gemeinsam 40 neue Wasserstoff-Busse, genauer gesagt Brennstoffzellen-Hybrid-Busse, bestellt. Dreißig davon gehen nach Köln und die restlichen zehn nach Wuppertal. Es ist es die größte Einzelbestellung von Brennstoffzellen-Bussen innerhalb Europas. Hergestellt werden die Busse von dem belgischen Unternehmen Van Hool. Die ersten Busse werden Anfang 2019 ausgeliefert. Jens Conrad, Projektleiter alternative Antriebe bei der RVK, sagt dazu: "Durch die Beschaffung der neuen Brennstoffzellen-Hybrid-Busse gehen wir einen großen Schritt hin zu einem nachhaltigen, emissionsfreien ÖPNV." Im Zuge der Neuanschaffung entstehen bis Mitte nächsten Jahres zwei Wasserstoff-Tankstellen. Die eine in Meckenheim bei Bonn und die andere in Wermelskirchen nahe Remscheid. Die beiden Tankstellen und die 30 Busse der RVK werden mit 7,4 Millionen Euro vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur bezuschusst. Die RVK hat eine Zusage von weiteren 5,6 Millionen Euro durch das EU-Projekt JIVE. Bis die beiden neuen Wasserstoff-Tankstellen fertig sind, tanken die Wasserstoff-Busse im Chemiepark Knapsack in Hürth.
Antrieb mit Wasserstoff
Wasserstoff wird hergestellt, indem Wasser mit Hilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Im Raum Köln und Aachen fällt Wasserstoff als Nebenprodukt in der chemischen Industrie, beispielsweise bei der Chlor-Alkali-Elekrolyse, an. Damit können laut RVK langfristig etwa 1.000 Omnibusse in Köln betrieben werden. Der Beiname Hybrid entsteht durch die zwei verschiedenen Systeme: zum einen gibt es einen Elektromotor, der für den Vortrieb sorgt und zum anderen die Brennstoffzelle, quasi ein Generator, in dem aus Wasserstoff Strom für den Elektromotor erzeugt wird.
Dieser wird dann in der Batterie gespeichert. Zeitweise können die Elektromotoren auch durch die Batterie unterstützt werden. Bei Bremsvorgängen wird die Bewegungsenergie in Strom umgewandelt, der in die Batterie eingespeist wird (Rekuperationsbremse). Den 38,2 Kilogramm Wasserstoff fassenden Tank der Busse zu befüllen, dauert etwa sieben Minuten. Der Wasserstoff ist dabei gasförmig. Mit einer Tankfüllung kann der Bus etwa 350 Kilometer weit fahren. Die Busse für Köln werden 29 Sitz- und 46 Stehplätze, sowie Platz für zwei Rollstuhlfahrer und einen Kinderwagen haben. Die Busse für Wuppertal haben drei Stehplätze mehr.
Brennstoffzellen-Hybrid-Busse nicht komplett emissionsfrei?
Wasserstoff-Hybridbusse emittieren Wasserdampf. Das ist bei weitem nicht so schädlich, wie beispielsweise Diesel-Abgase, jedoch auch nicht ganz ohne Folgen: Wasserdampf ist nämlich hauptverantwortlich für den natürlichen Treibhauseffekt. Ganz ohne Wasserdampf in der Atmosphäre wäre die Erde allerdings nicht bewohnbar, weil zu wenig Wärme reflektiert würde. Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der Deutschen Umwelthilfe, sagt zu dem Wasserdampf: "Nach unserem Kenntnisstand ist die Menge an anthropogen erzeugtem Wasserdampf im Vergleich zu natürlichen Quellen zu vernachlässigen."
Bei der Chlor-Alkali-Elektrolyse ist der Wasserstoff zwar ein Nebenprodukt, allerdings wird hier klimawirksames CO2 ausgestoßen. Damit auch die Herstellung komplett emissionsfrei ist, gibt es die Möglichkeit Wasserstoff mit Hilfe von Ceroxid herzustellen.
Null-Emission bis 2030
Seit 2011 verfolgt die RVK das Unternehmensziel "Null Emission". Demnach sollen bis 2030 alle Fahrzeuge der RVK emissionsfrei werden. Conrad zu dem Ziel: "Durch die Vorteile der Elektromobilität erreichen wir einen Mehrwert für unsere Kunden und die Umwelt." Die erste Maßnahme zur Erfüllung dieses Zieles war der testweise Einsatz von zwei Wasserstoff-Hybrid-Bussen zwischen 2011 und 2016 (technikjournal berichtete). Seit 2014 sind zwei weitere Wasserstoff-Hybrid-Busse für die RVK im Einsatz.
Wasserstoff im Vergleich
Im Vergleich zu den rein elektrisch betriebenen Bussen, wie sie beispielsweise in München und Bonn eingesetzt werden, haben die Wasserstoff-Hybrid-Busse eine kürzere Lade- beziehungsweise Betankungszeit und eine höhere Reichweite. Martin Wietschel, Leiter des Geschäftsfeldes Energiewirtschaft bei Fraunhofer ISI, kritisiert in einem Interview mit dem Focus, dass die nötigen Energieumwandlungen von Strom über Wasserstoff bis zur Antriebsenergie viele Schritte umfasst, wodurch die CO2-Bilanz beim Brennstoffzellen-Antrieb ungünstiger ausfällt, als bei rein elektrischen Fahrzeugen. Weiter heißt es in dem Artikel, dass in Wasserstoff Strom gespeichert werden könnte, wenn beispielsweise durch die Windkraft mehr produziert wird, als benötigt. Manche Experten sehen hierin eine Zukunft für die Technologie Power-to-Gas, bei der aus dem Wasserstoff dann Methan herstellt wird. Das wiederum kann in das Erdgasnetz eingespeist werden. Ein Vorteil dieser Technologie ist es, den Aufbau einer Infrastruktur zu umgehen.
Infrastruktur fehlt
Beim Wasserstoff hingegen braucht es eine Infrastruktur, sprich Tankstellen. Für rein elektrische Fahrzeuge und Dieselfahrzeuge ist diese schon vorhanden. Die Wasserstoff-Infrastruktur ist jedoch noch ausbaufähig: In ganz Deutschland gibt es derzeit 42 Wasserstoff-Tankstellen, die in Betrieb sind. Zwei weitere sind vorübergehend in Wartung und 48 weitere sind in verschiedenen Realisierungsphasen. Dem stehen circa 15.000 herkömmliche Tankstellen gegenüber. Im Vergleich zu herkömmlichen Diesel-Bussen emittieren die Wasserstoff-Hybrid-Busse lediglich Wasserdampf und beispielsweise keine schädlichen Stickoxide. Dazu kommt, dass sie geräuschärmer sind. Allerdings sind die Wasserstoff-Busse bei der Anschaffung etwa doppelt so teuer, wie Diesel-Busse. Im Vergleich zu einem Dieselbus mit 250.000 Euro kostet ein Wasserstoffbus ca. 650.000 Euro. Laut Conrad bieten die Wasserstoff-Busse "die gleiche Einsatzflexibilität dank hoher Reichweiten sowie keine benötigte Nachladeinfrastruktur auf der Strecke ohne Qualitätsverlust gegenüber Diesel-Bussen."
Saar zu dem Vergleich von Wasserstoff- und Elektro-Antrieben: "Bei jeder Art von Antrieb stellt sich die Frage nach Emissionen – auch batterieelektrische Busse fahren ja nicht emissionsfrei (höchstens lokal), sondern haben den durchschnittlichen CO2-Wert des jeweiligen Strommixes (die Art der Stromherstellung) im Gepäck." Es ist also wichtig, dass der Strom, der benötigt wird, um den Wasserstoff herzustellen, aus nachhaltigen Quellen stammt, am besten aus erneuerbaren Energien, damit der Wasserstoff auch in der Öko-Gesamtbilanz gut abschneidet.
Wasserstoff in der Vergangenheit
Bereits in den Jahren 1996 bis 1998 hat der Hersteller MAN einen Wasserstoff-Bus im Linienverkehr von München und Erlangen getestet. Dieser konnte mit Benzin, aber auch mit Wasserstoff betrieben werden. Mitte 1999 setzte MAN drei "richtige" Wasserstoff-Busse auf dem Vorfeld des Flughafen München ein. Diese liefen mehr als 450.000 Kilometer. Seit 2006 sind die ersten beiden Wasserstoff-Busse von MAN in Berlin im Einsatz. Im Jahr 2009 sind laut Tagesspiegel lediglich vier der bis dahin 14 Wasserstoff-Busse einsatzbereit. MAN kündigte schließlich an, den Test aufzugeben. Diese Busse wurden allerdings direkt durch den Wasserstoff angetrieben. Es waren also keine Wasserstoff-Hybrid-Busse wie in Köln. Dadurch stießen sie nicht nur Wasserdampf, sondern unter anderem auch Stickstoffe und Kohlenwasserstoffe aus. Allerdings lagen die Werte deutlich unter den Grenzwerten der Euro-5-Abgasnorm. Der damalige Chef der BVG, Andreas Sturmowski, sprach sich in einem Interview mit dem Tagesspiegel für eine "Kombination mit einer Brennstoffzelle" aus, also für ein Modell, wie es die RVK bestellt hat.
Ausblick
Dorothee Saar über die Verkehrswende: "Das Problem ist die Infrastruktur, die Verfügbarkeit der Fahrzeuge und die hohen Kosten in der Anschaffung. Daher unser Votum für einen schrittweisen Ausbau alternativer Antriebe bei den Bussen sowie eine wirksame Nachrüstung von Diesel-Bussen im Bestand, die wir noch eine Weile brauchen werden." Zumal benötige man im Sinne einer Verkehrswende mit Stärkung der öffentlichen Verkehrssysteme eher mehr Busse, ergänzt sie.
Die Wasserstoff-Tankstellen der RVK sind vorerst nur für die innerbetrieblichen Fahrzeuge gedacht. "Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Nutzung für Privatpersonen jedoch durchaus möglich", so Conrad. Die PKW-Flotte der RVK soll bereits vor 2030 umgestellt sein.
Teaserbild Copyright: Regionalverkehr Köln GmbH