Unterwasserschall stört die Meeresbewohner. Ein Lösungsansatz hierfür ist der Blasenschleier zum Schallschutz.

Unterwasserlärm als Störquelle

Der Lärm in den Meeren hat sich in den vergangenen 40 Jahren in jeder Dekade verdoppelt. Das wirkt sich negativ auf die Meeresbewohner aus. Die UN hat dazu 2021 das Jahrzehnt der Ozeanforschung ausgerufen und will bis 2030 länderübergreifende Lösungen gefunden haben, um zum Schallschutz beizutragen. //Von Victoria Weißenfels und Marit Wilking

Sirenen von Krankenwagen, kratzende Fingernägel auf der Tafel oder Verkehrs- und Baustellenlärm sind nervig und können sogar schmerzhafte Auswirkungen haben. Ähnlich ergeht es den Meeresbewohnern mit den Geräuschquellen unter Wasser. Einige sind natürlich, wie das Brechen von Eis oder Regen, der auf die Meeresoberfläche trifft. Andere sind künstlich erzeugt. Darunter fallen die Geräusche der Schifffahrt oder der Einsatz von Druckluftkanonen und Sonaren.

Kampagne für nachhaltigen Ozean

Diesem Problem wollen sich die Vereinten Nationen nun widmen. Zum 1. Januar 2021 haben sie das Jahrzehnt der Ozeanforschung ausgerufen. Hierbei handelt es sich um eine Kampagne mit sieben Zielen, die den Ozean länderübergreifend nachhaltig gestalten sollen. Diese Ziele sollen mit Hilfe von geteiltem Wissen, Fähigkeiten und Technologien, die für alle zugänglich gemacht werden sollen, erreicht werden. "Wir brauchen eine bessere Zusammenarbeit nicht nur unterhalb der Wissenschaften, sondern auch zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.", so Kapitän Stefan Bülow, Vorstandsdirektor vom Baltic and International Maitime Counsil (BIMCO), auf der Auftaktveranstaltung zur Ozeandekade in Deutschland.

Weitere Maßnahmen nötig

Außerdem soll mehr in die Meeresforschung investiert werden. Bisher lag das durchschnittliche Forschungsbudget laut dem Global Ocean Science Report der UNESCO bei 1,7 Prozent. Umweltorganisationen fordern noch weitere Maßnahmen. So sollen Schiffe zum Beispiel mit geringerer Geschwindigkeit und alternativen Routen fahren, um die Meeresbewohner zu schützen. Der Geschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik e.V. Dr. Ralf Sören Marquardt äußert sich hierzu: "Es ist nicht automatisch sichergestellt, dass ein langsameres Schiff leiser ist, aber es fällt leichter die Kavitation zu vermeiden." Außerdem sieht er ein Problem darin, dass es bisher nur Empfehlungen zum Einhalten messbarer Grenzwerte seitens der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation gibt und noch keine gesetzlichen Anforderungen.

Schifffahrt als Lärmquelle

Schiffe verursachen den meisten Lärm und sind eine dauerhafte Schallquelle im Ozean. Der Grund dafür liegt primär an den Schiffspropellern. Hier findet die sogenannte Kavitation statt. Durch Druckverhältnisse bilden sich Dampfblasen. Gerät das Verhältnis von statischem Druck, Temperatur und Umgebungsdruck in Ungleichgewicht implodieren die entstandenen Blasen und erzeugen somit die Schallwellen. "Die Schiffbauer versuchen aber schon immer die Kavitation so gering wie möglich zu halten, weil abgesehen vom Lärm, der verursacht wird, hat sie auch das Potential den Propeller zu zerstören.", so Marquardt.

Impulshafter Unterwasserlärm

Andere Ursachen von Unterwasserlärm sind die impulshaften Schallquellen. Neben Druckluftkanonen und Sonare fällt hierunter auch der Bau von Offshore-Anlagen. Diese Anlagen werden auf dem offenen Meer errichtet. Beispiele hierfür sind Ölförderplattformen oder Windkraftanlagen. Um sie zu verankern, muss der Pfeiler mindestens 50 Meter tief im Meeresboden versunken werden. Dafür rammt man mittels tausender Schläge den Pfeiler in den Boden. Dieses Rammen verursacht die störenden Schallwellen.
Im Dezember 2013 wurde zur Verringerung des Unterwasserschalls in Deutschland das Schallschutzkonzept eingeführt. Hierin stehen Vorschriften zur Erbauung von Offshore-Anlagen, wie der Einsatz von Blasenschleiern (siehe Video). Diese Art von Dämmung reduziert den Lärm um bis zu 90 Prozent.

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Energie gewonnen aus Gezeiten

Eine Alternative zu Windparks könnte auch aus Wellen oder durch Gezeiten erzeugte Energie sein. Ralf Starzmann, Geschäftsführer von Schottel Hydro, einem Unternehmen, das sich unter anderem mit erneuerbaren Energien beschäftigt, sieht hierin den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu Windenergie planbar ist. "Die Entwicklung hängt nur deutlich hinterher gegenüber den erneuerbaren Energien, die wir so kennen." Dies liege unter anderem daran, dass neue Technologien in der Entwicklung kostenintensiv seien.

Schall zur Orientierung

Eines der Ziele beim Jahrzehnt der Ozeanforschung ist ein "Gesunder und Widerstandfähiger Ozean", bei dem es um die Verbesserung der Ökosysteme im Meer geht und somit auch um den Schutz der Meeresbewohner. Denn Tiere nutzen Schall zur Kommunikation. In den Tiefen des Ozeans ist es dunkel, weswegen sich viele Meeresbewohner eher auf ihr Gehör als auf ihre Augen verlassen. Kommt es nun zu einer unnatürlichen Beschallung, kann das Stress beim Tier auslösen.
Wie stark die Auswirkungen sind, hängt von der Dauer und Intensität der Schallquelle ab. So erschwert kontinuierlicher Lärm die Orientierung der Tiere. Die Folge: Das Orten von Beutetieren oder Artgenossen ist nicht möglich, woraufhin das Gebiet nicht mehr aufgesucht wird. Bei lauten, plötzlich auftretenden Geräuschen erschrecken Meeresbewohner. Das löst Fluchtreflexe aus und führt zum Beispiel zu Walstrandungen. Aber auch Schwerhörigkeit kann eine Konsequenz von Unterwasserlärm sein.

Lärmreduktion zugunsten der Tiere

Meeresschutzgebiete sollen den Bewohnern einen Rückzugsort bieten. Jedoch leitet Wasser Schall so gut, dass der Lärm auch dort noch zu hören ist. Demnach sind alternative Ideen zum Schallschutz notwendig, um den Unterwasserlärm einzudämmen. Der Meeres- und Technologieforscher Professor Oliver Zielinski sagte bei der Auftaktveranstaltung zur Ozeandekade: "Technologie ist nicht gut oder schlecht. Technologie ist auch nicht neutral. Technologie ist das, was wir Menschen daraus machen."

Teaserbild: Der Blasenschleier als Schallschutz gegen Unterwasserlärm // Quelle: Marit Wilking

Die Autoren

Victoria Weißenfels

Marit Wilking

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