Drohnen könnten in den nächsten Jahren eine tragende Rolle in der Medizin- und Logistikbranche spielen. Sie sollen aktuelle Transportmittel entlasten und für eine schnellere Lieferung sorgen. Bis diese allerdings in den Alltag eingebunden werden können, ist es noch ein weiter Weg mit vielen Hürden. //Von Jana Müller und Max Richartz
In den letzten Jahren hat sich die Drohnentechnik stark weiterentwickelt. Die Drohnen werden immer leichter, schneller und der Aktionsradius immer größer. Laut einer Statistik des Verbandes für unbemannte Luftfahrt sind im März 2021 in Deutschland rund 430.700 Drohnen registriert. Neun Zehntel davon nutzen private Abnehmer, der Rest kommt in Unternehmen zum Einsatz. Nun soll allerdings ein neuer Meilenstein gesetzt werden: die Paketzustellung durch Drohnen. In einigen europäischen Städten gibt es bereits Pilotenprojekte, bei denen es um die Zustellung von Paketen oder Kleinladungen mit Drohnen geht. Derartige Projekte werden jedoch noch nicht in großem Maßstab durchgeführt. Diese dienen lediglich dazu, Erfahrungen zu gewinnen und mögliche Probleme zu erkennen.
Pilotenprojekt MEDinTime
Projekte mit Fokus auf die Lieferung von medizinischen Gütern gibt es bereits, beispielsweise MEDinTime. Hierbei handelt es sich um ein Projekt, das 2020 von dem deutschen Technologieunternehmen Quantum-Systems in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ins Leben gerufen wurde. Außerdem sind das Klinikum Ingolstadt, die Technische Hochschule Ingolstadt, der Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm und das Bayrische Rote Kreuz an dem Projekt beteiligt. Die Hauptidee ist, kleinere Krankenhäuser ohne eigene Apotheke versorgen zu können. Vor allem bei Eillieferungen hätte die Medikamentenversorgung per Drohne den Vorteil, dass die Lieferzeit nicht von der aktuellen Verkehrslage abhängig wäre. Eine Herausforderung stellen verschiedene Witterungseinflüsse dar. Testflüge zwischen dem Klinikum Ingolstadt und dem über 30 Kilometer entfernten Klinikum Pfaffenhofen finden zurzeit noch ohne Medikamente statt. Giuseppe Scannapieco, Projekt Manager bei der European Union Aviation Safety Agengy (EASA), erwartet in den kommenden Monaten eine schrittweise Ausweitung des Einsatzumfanges solcher Drohnen.
Hindernis Rechtslage
Drohnen werden immer wieder optimiert und verbessert, sodass aus technischer Sicht die Umsetzung der fliegenden Paketzusteller schon in den kommenden Jahren möglich wäre, so Giuseppe Scannapieco. Doch das größte Hindernis der Umsetzung ist die Rechtslage. Für die Einführung von Drohnen im Rahmen der Paketzustellung ist eine Novellierung der rechtlichen Vorschriften wie zum Beispiel der EU-Drohnenverordnung notwendig. "Derzeit gibt es noch zu viele rechtliche Bedenken, wie zum Beispiel das Verbot, Menschenansammlungen oder private Grundstücke ohne Einverständnis des Grundstückseigentümer zu überfliegen", so Helmut Beines, Bürgerdienste der Bundesstadt Bonn, zuständig unter anderem für Luftverkehrsangelegenheiten im Stadtgebiet Bonn. Momentan sei die Nutzung von Drohnen als Paketzusteller nicht darstellbar.
"Paketkopter" eröffnet neue Möglichkeiten
Große Unternehmen wie der US-amerikanische Onlineversandhändler Amazon oder der Paket-Dienst DHL haben bereits erste erfolgreiche Testläufe mit ihren Drohnen Prime Air" und Paketkopter durchgeführt. Bereits 2014 testete DHL ihren Paketkopter 3.0 auf der Nordseeinsel Juist. Damals legte die Drohne eine Strecke von zwölf Kilometern komplett autonom zurück, ohne dass ein Pilot eingreifen musste. Ein Autopilot sorgte dafür, dass die Drohne am Festland im Hafen von Norddeich starten und unversehrt auf Juist landen konnte. Dieses Forschungsprojekt sollte vor allem, die Möglichkeiten erproben, auch schwererreichbare Gebiete zu beliefern. Außerdem wurde im Rahmen des sechsmonatigen Pilotprojektes Deliver Future bereits in Ostafrika die Medikamentenversorgung per Drohne erfolgreich erprobt. Hier schaffte der Paketkopter in der neueren Version 4.0 eine Flugstrecke von 60 Kilometer in durchschnittlich 40 Minuten.
Nicht für jedes Einsatzgebiet geeignet
Die Paketzustellung durch Drohnen bringt Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft mit sich. Positive Aspekte wären die Entlastung der Verkehrssituation oder Zeitersparnis bei der Lieferung. Außerdem könnten Unternehmen durch das Einsparen von Arbeitsplätzen ihre Kosten senken. Dies hätte einen positiven Effekt auf die wirtschaftliche Position der Betriebe, jedoch auch negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Ein weiteres Problem wäre das Abstellen des Paketes. Was bei Einfamilienhäusern in ländlichen Gegenden gut umsetzbar klingt, gestaltet sich in dicht besiedelten Städten schon etwas schwieriger. Problematisch ist unter anderem ein Ablageort für die Drohnenpakete zu finden, was zu kostspieligen Landeplätzen für Anwohner führen könnte. Zudem stellt sich die Frage nach sinnvollen Einsatzgebieten, beispielsweise der Lieferung von zubereiteten Lebensmitteln.
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Integration in die bemannte Luftfahrt
"Die reibungslose und sichere Integration von bemannter und unbemannter Luftfahrt bleibt eine der größten Herausforderungen des Drohneneinsatzes", so Giuseppe Scannapieco von der EASA. Der U-Space sei eine der wichtigsten Sicherheitssäulen, die geschaffen wurden, um dieses Problem anzugehen. Ein weiteres wesentliches Element sei die Entwicklung von Technologien für die Detect-an-Avoid-Fähigkeit. Mithilfe von Sensorfusion und künstlicher Intelligenz beobachtet die Technologie die Umgebung der Drohne und entscheidet, ob eine Kollision bevorsteht. Ist das der Fall, erzeugt sie eine neue Flugbahn, um die Kollision mit anderen Flugzeugen oder Hindernissen zu vermeiden. Helmut Beines von der Stadt Bonn ist sich allerdings sicher, dass Drohnen als Paketzusteller eine Zukunft haben.
Teaserbild: Paketzustellung per Drohne // Quelle: Jana Müller