Die Bauform von Smartphones ist in den vergangenen fünf bis sechs Jahren meist gleich geblieben; Hersteller fokussieren sich stattdessen auf Verbesserungen der Komponenten und Software. Smartphone-Akkus können dabei nicht mehr größer werden, ohne das Smartphone selbst zu vergrößern. Chinesische Hersteller konzentrieren sich verstärkt auf eine höhere Ladegeschwindigkeiten. // von Nicole Koch und Maximilian Jambor
Während die beiden größten Hersteller Apple und Samsung nach wie vor auf vergleichsweise langsame Ladetechnologien setzen, brechen chinesische Konkurrenten seit zwei Jahren einen Rekord nach dem anderen. Laut einer Bitkom-Umfrage aus dem Jahr 2019 mit 782 befragten Smartphone-Nutzern habe der Akku und die Leistung des Smartphones höchste Priorität. Für 30 Prozent der Befragten ist Schnellladen eine Funktion, die sie sich für ihr nächstes Smartphone wünschen.
Was ist Schnellladen?
Der Begriff „Schnellladen” hat keine einheitliche Definition. Vor fünf bis sechs Jahren wurden Smartphones für gewöhnlich mit 5 bis 15 Watt (W) Ladegeräten aufgeladen. Smartphones mussten daher für eine vollständige Ladung etwa anderthalb bis drei Stunden an der Steckdose angeschlossen sein. 2019 konnten bereits die ersten Smartphones wie das OnePlus 7 (Pro) mit 30 Watt aufgeladen werden. Mittlerweile sind 45W, 65W, 80W, 100W, 120W, 150W oder sogar 210W gängige Ladegeschwindigkeiten. So lassen sich Smartphones teilweise in unter 20 Minuten vollständig aufladen.
SuperVOOC Zwei-Zellen-Akku
Dabei verwenden verschiedene Hersteller unterschiedliche Ladetechnologien. BBK Electronics, das multinationale Konglomerat, zu dem auch Oppo, Vivo, OnePlus und Realme gehören, setzt fast ausschließlich auf SuperVOOC. Das steht für „Voltage Open Loop Multi-step Constant-Current Charging”. Bei diesem mehrstufigen Ladeverfahren aus mehreren aufeinander aufbauenden Schritten wird der Strom, der zum Laden eines Geräts verwendet wird, konstant gehalten. Ein offener Regelkreis kontrolliert den Strom, sodass er die Ladung des Geräts genau überwachen und steuern kann.
Während gewöhnliche Lithium-Akkus aus einer einzelnen Zelle bestehen, setzen SuperVOOC-Modelle auf einen Zwei-Zellen-Akku. Der Vorteil: Die in Reihe geschalteten Akkuhälften können gleichzeitig aufgeladen werden. Dadurch wird eine schnellere Ladeleistung bei weniger Belastung für die Batterie gewährleistet. Jeff Zhang, Erfinder von SuperVOOC bei Oppo, erklärt, dass weitere Akkuzellen die Dicke des Smartphones beeinflussten und dass die Zwei-Zellen-Technologie momentan die beste Lösung sei.
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Schnellladen schadet Akkus nicht
Oftmals wird mit schnellem Laden eine erhöhte Belastung und verringerte Lebensdauer für den Lithium-Akku assoziiert. Doch das ist nur bedingt richtig. Das Laden besteht aus zwei unterschiedlichen Phasen: In der ersten Phase des Aufladens wird der Batterie mit maximaler Ladeleistung Energie zugeführt. In der zweiten Phase, die meist die letzten 20 bis 30 Prozent des Ladevorgangs betrifft, wird die Geschwindigkeit gedrosselt. Hier ist ein langsames Zuführen der Energie und eine sorgfältige Steuerung des Ladevorgangs notwendig, um ein Beschädigen des Akkus zu vermeiden. Der derzeitige Industriestandard besagt, dass ein Smartphone-Akku nach 800 Ladungen noch 80 Prozent seiner Kapazität besitzen soll. Das sind umgerechnet zwei Jahre, wenn das Smartphone einmal täglich aufgeladen wird.
Begrenzte Ladung verringert Abnutzung
Da es sich bei Akkus um Verbrauchskomponenten handelt, nimmt mit zunehmendem Alter die Leistungsfähigkeit ab. Jürgen Apfelbeck, Professor für Grundlagen der Elektrotechnik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sagt dazu: „Die größte Lebensdauer wird erzielt, wenn das Smartphone in einer Stunde oder länger geladen wird und entsprechend auch nicht voll, sondern nur bis 80-85 Prozent und bis zu 30 Prozent tiefentladen wird.” Dieser Meinung ist auch der Großkonzern Samsung. Jan Schüssler, Produktmanager bei Samsung Electronics GmbH in Schwalbach sagt: "Samsung ist ein den Akku schonenden Ladevorgang wichtig, um die Langlebigkeit des Akkus zu gewährleisten”. Aktuelle Smartphones des Unternehmens können mit bis zu 45 Watt aufgeladen werden, was rund 30 Prozent Akkuladung in unter 15 Minuten ermöglicht. „Samsung bietet in den Smartphone-Einstellungen sogar eine Funktion mit der Bezeichnung Akku schützen an, welche eine Maximalaufladung bis 85 Prozent zulässt, um eine noch längere Lebensdauer des Akkus zu ermöglichen”, fügt Jan Schüssler hinzu.
Standard: Akku soll 800 Ladungen halten
Ein Nachteil beim Schnellladen ist die Wärmeentwicklung. Je mehr Strom dem Smartphone zugeführt wird, desto stärker heizt sich der Akku auf. Um dem entgegenzuwirken, setzen die Hersteller auf unterschiedliche Methoden zur Wärmereduzierung. Einer der bereits genannten Optionen ist die Verwendung von Zwei-Zellen-Akkus. Aber auch die Auslagerung der Steuerung der Energieverwaltung aus dem Smartphone in den Ladeadapter ist eine Möglichkeit. „Oppo hat 150W SuperVOOC mit der Battery Health Engine kombiniert, die den Ladestrom intelligent anpassen und die Lebensdauer der Batterie erheblich verlängern kann, ohne die Ladeleistung zu beeinträchtigen”, so Jeff Zhang.
Immer mehr Smartphones werden mit Kupferwärmeleitungen und Wärmeleitpaste ausgestattet, um entstandene Wärme schneller an die Glasrückseite abzugeben. Der Glaube, dass Schnellladen den Akku schädigt, ist nur dann zutreffend, wenn keine entsprechenden Bemühungen unternommen werden die Wärmeentwicklung gering zu halten.
Blick in die Zukunft
210 Watt sind noch lange nicht das Ende. Bereits zum Mobile World Congress 2022 in Barcelona hat Oppo SuperVOOC mit 240 Watt vorgestellt. Dadurch kann ein 4.500 Milliamperestunden großer Akku innerhalb von neun Minuten vollständig aufgeladen werden. Oppo habe es sich zum Ziel gesetzt, weitere Verbesserungen an der Lebensdauer des Akkus und unter anderem auch der Wärmeableitung vorzunehmen, so Jeff Zhang.
Teaserbild: Das Schnellladen von Heute //Nicole Koch