Das Bild zeigt eine Tomate in die eine Spritze gesteckt ist.

Grüne Gentechnik - kontrovers diskutiert und doch konsumiert

Jeder hat es schon einmal beim Einkaufen oder im Kühlschrank gesehen – das grüne Siegel mit der Aufschrift "Ohne Gentechnik". Seit 1990 ist Grüne Gentechnik in Deutschland verboten. Nun wird die Debatte um ihre Vor- und Nachteile durch ein Thesenpapier der Partei Bündnis 90/Die Grünen erneut entfacht . // Von Adeline Savier

Grüne Gentechnik könnte beim Kampf gegen den Klimawandel helfen. Das schreiben die Grünen in ihrem am 10. Juni 2020 veröffentlichten Thesenpapier. Mithilfe von neuen Pflanzensorten soll eine Verringerung des Pestizideinsatzes auf Feldern bewirkt werden. Die Partei geht sogar so weit zu behaupten, dass Grüne Gentechnik und ähnliche Technologien unabdingbar für die Bekämpfung des Klimawandels seien. Allerdings nur mit entsprechenden Regelungen.

Anbau in Deutschland verboten

Die Grüne Gentechnik oder auch Grüne Biotechnologie bezieht sich speziell auf die genetische Manipulation von pflanzlicher DNA. Das geschieht mithilfe der sogenannten "Gen-Schere" CRISPR-Cas. Dabei werden bestimmte Sequenzen des genetischen Codes entfernt, ersetzt oder hinzugefügt. Dies wird in der Landwirtschaft größtenteils genutzt, um Resistenzen gegen Hitze, Pestizide oder Insekten zu entwickeln. Sinnvoll kann das zum Beispiel in langen Trockenphasen sein. Jedoch ist der Anbau von genveränderten Pflanzen für den Lebensmittelmarkt nach dem deutschen Bußgeldkatalog seit 1990 in Deutschland verboten. Lediglich zu Forschungszwecken und nur unter strengen Auflagen können die sogenannten Hybrid-Pflanzen angebaut und gezüchtet werden. Für Landwirte wäre es ohnehin nicht attraktiv, genetisch verändertes Saatgut anzupflanzen. Aufgrund von hohen Schadensersatzklagen können umliegende Bauern bei einem Abfall ihrer Ernterate, beeinflusst durch den Anbau der anderen genmanipulierten Pflanzen, hohe Beträge fordern.

Bevölkerung ist gegen Grüne Gentechnik

Von menschlicher bis hin zu pflanzlicher DNA ist Gentechnik ein relevantes Thema. In manchen Anwendungbereichen wird sie jedoch eher geduldet als in anderen. Die Rote Biotechnologie, die in der Pharmazie genutzt wird, wird in Deutschland bereits stark gefördert. Die Grüne Biotechnologie erhält hingegen wenig Zuspruch. Das zeigt eine Umfrage der Organisation "Wissenschaft im Dialog" aus dem Jahr 2016. Demnach vertrauen nur 17 Prozent der rund eintausend Befragten den Aussagen von Wissenschaftlern zum Thema Grüne Gentechnik. Dabei waren die Anfänge der Grünen Gentechnik gerade die, mit denen sich mithilfe der 1866 publizierten Uniformitätsregel von Gregor Mendel wichtige Erkenntnisse zur Erforschung der DNA erschließen lassen konnten.

 

Das Bild zeigt eine Umfrage über die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Wissenschaftlern.

Umfrage über die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Wissenschaftlern. Grüne Gentechnik schneidet am schlechtesten ab. Quelle: Wissenschaft im Dialog 2016, Statista

Lebensmittel sind trotzdem angereichert

Gentechnik lässt sich aber dennoch zum Teil in unseren Lebensmitteln finden, wenn auch nur in sehr geringem Maße. Das wird oftmals sogar nicht gekennzeichnet. Die Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) stellt fest, dass Nutztiere häufig genverändertes Futter bekommen wie zum Beispiel genmanipulierte Soja-Bohnen. Der Bedarf hierzulande könne zum Großteil nicht mit den in Deutschland angebauten Pflanzen gedeckt werden und werde oftmals aus anderen Ländern importiert in denen Hybrid-Pflanzen erlaubt sind, wie beispielsweise den USA. Der Anbau von der genetisch manipulierten Sojabohne ist weltweit am häufigsten vorzufinden. Da diese nur in geringen Mengen und nicht primär für die Erzeugung unserer Lebensmittel verwendet wird, ist es in Deutschland nicht verpflichtend, dies auf den späteren Produkten zu kennzeichnen, wie eine Studie des WWF über Gen-Soja zeigt.

Lebensmittelknappheit ist nicht das Problem

Anti-Gentechnik-Organisationen wie Greenpeace e.V.  sprechen sich klar gegen die Grüne Gentechnik aus. Die Versprechungen, dass Genmanipulation den Einsatz von Pestiziden verringern könne, sind laut Greenpeace "Märchen" und sollen genau gegenteilig tatsächlich eingetreten sein. Demnach zeigt eine Studie des US-Agrarwissenschaftlers Charles Benbrook aus dem Jahr 2012 einen Anstieg des Pestizideinsatzes von 1996 bis 2011 um rund 183 Millionen Kilogramm. Das entspräche einer Anstiegsrate von etwa sieben Prozent.
Greenpeace sieht noch andere Probleme in der Gentechnik. Auf die Frage, ob Gentechnik möglicherweise den Welthunger bekämpfen könnte, sagt Greenpeace, dass es nicht in erster Linie darum geht, zu wenig Lebensmittel zur Verfügung zu haben, sondern gegen politische Unstimmigkeiten und den Klimawandel zu kämpfen. Somit stehe eine Gleichverteilung der Lebensmittel im Vordergrund.

Die Statistik zeigt den Anstieg des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen von 2003 bis 2018.

Die Statistik zeigt den Anstieg des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen von 2003 bis 2018. Quelle: ISAAA 2019, Statista

Genverändertes Saatgut sei momentan auch noch zu teuer. Es soll vor allem in kleineren, ländlicheren Regionen schwer zu beschaffen sein. Kleinbauern besäßen somit gar nicht die Möglichkeit, dieses anzubauen. Bevor man versuche, die Landwirtschaft zu revolutionieren, sollte man anfangen, Kleinbauern regional zu unterstützen und als Verbraucher regional einzukaufen. Das bestätigt auch Dr. Marina Möseler, promovierte Biologin und Expertin für Pflanzenernährung an der Universität Bonn: "Ich glaube wenn es um Klimawandel geht, müssen wir ganzheitlich denken. Dann hat das nicht nur etwas mit Gentechnik zu tun, sondern wir müssen unser Verhalten ganz allgemein ändern."

Käfer entwickeln bereits Resistenzen

Ein Beispiel für genetisch veränderte Organismen (GVO) ist der Bt-Mais, der von dem Großkonzern Monsanto angebaut wird. Er bekommt seinen Namen durch das eingeschleuste Bakterium Bacillus thuringiensis. Bt-Mais besitzt einen Wirkstoff, der den sogenannten Maiswurzelbohrer davon abhalten soll, die Ernte zu befallen. Dieser entwickelte jedoch in kurzer Zeit eine Resistenz gegen das Pflanzengift. Der Bt-Mais ist laut Greenpeace demnach nutzlos geworden. Die Resistenzbildung bestätigt auch der US-Entomologe Michael Gray im August 2011 im Journal of Agricultural and Food Chemistry mit Untersuchungen an Bt-Maisfeldern in der USA. Dies läge aber vor allem daran, dass sich Bauern nicht an die gesetzlichen Anbauvorschriften hielten: Sie hätten keine Refugien für die Tiere geschaffen, also Bereiche zwischen den Felden in denen normaler Mais angebaut wird. Diese Refugien sollten vor allem die Resistenzbildung der Käfer verlangsamen. Auch Möseler ist dieser Ansicht: "Es gibt bereits Studien die zeigen, dass sich durchaus nicht wünschenswerte Entwicklungen ergeben haben. Beispielsweise sind Unkräuter und Gräser jetzt auch herbizidtolerant."

In den vergangenen Jahren wurde ebenfalls viel über die Gesundheitsrisiken von Grüner Gentechnik diskutiert und noch hat man sich in der Politik nicht auf eine neue Linie einigen können. Das Thesenpapier der Grünen sieht Agrarbiologe Dirk Zimmermann von Greenpeace e.V.  jedoch kritisch: "Bei mir entsteht der Eindruck, als wollten die Unterzeichner vor allem den Eindruck vermeiden, gegen Fortschritt und Innovation zu stehen." Damit könnte das Thema Grüne Gentechnik erneut ein großes Gesprächsthema in der Politik werden.

Teaserbild: Jedes Lebensmittel kann heute genetisch verändert werden. Quelle: Pixabay

Die Autorin

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Adeline Savier

 

 

 

 

 

 

 

 

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