Am 19. März hat die Firma Reisch Sprengtechnik das Bonn-Center gesprengt. Auch das ehemalige Deutsche-Welle Hochhaus in Köln steht noch auf der Abbruchliste. Hier wird die Thüringer Sprenggesellschaft unter Geschäftsführer Martin Hopfe Regie führen. Obwohl Sprengungen selbst nur wenige Sekunden andauern, steckt viel mehr dahinter als ein simpler Knopfdruck. // Von Nicole Brodzicz und Anja Häsel
09.06.2017//Unzählige Menschen versammeln sich vor einem Absperrzaun. Die meisten versuchen den Moment einzufangen: halten ihr Smartphone oder ihre Kamera in die Höhe. Schließlich bekommt das Bonn-Center, der Hauptdarsteller der Inszenierung, das entscheidende Signal: Ein lauter Knall ertönt - die erste Sprengung - und schon im selben Moment fällt das Bauwerk lautstark in sich zusammen. Währenddessen hören die Zuschauer einen weiteren Knall. Begleitet von Jubel erhebt sich langsam die Staubwolke. Am Ende erinnert dort nichts mehr an das Gebäude, abgesehen von rund 40.000 Tonnen Schutt, die im Fallbett liegen und auf ihren Abtransport warten. "Die Sprengung war ein voller Erfolg", meint Eduard Reisch, Geschäftsführer der Reisch Sprengtechnik. Mit dem Ablauf seien alle Projektbeteiligten zufrieden.
Das "Howto" einer Sprengung
Ob ein Bauwerk "fällt wie ein Baum" oder "zusammenklappt wie ein Zollstock", darüber entscheidet laut Martin Hopfe, Geschäftsführer der Thüringer Sprenggesellschaft, der Standort. Besteht in der Umgebung ausreichend freie Fläche, so kann eine einfache Fallrichtungsprengung durchgeführt werden. Sie werden oft bei Schornsteinen eingesetzt. Sind die Platzverhältnisse aber schlechter und das Fallbett kürzer als die Höhe, so werden mehrere Sprengebenen bestimmt. Dadurch verringert sich vor allem die Fallrichtung und es kommt zu einer Faltsprengung.
Die benutzen Sprengstoffmengen richten sich nach der Dicke der tragenden Wände und der Höhe eines Bauwerks. Für das Deutsche-Welle Hochhaus werden diese Angaben, bei denen auch die Statik berücksichtigt werden muss, noch vom Ingenieurbüro Rainer Melzer in Dresden berechnet. Hier sollen gelatinöse Sprengstoffe eingesetzt werden - zu ihnen greift Hopfe bevorzugt für den Abbruch. Beim Bonn-Center wurde hingegen Nitropenta verwendet, welches eine leicht höhere Detonationsgeschwindigkeit hat.
Die Konkurrenz
Fast jedes Bauverfahren hat Alternativen, so auch die Sprengung. Anstatt ein Gebäude zu sprengen, besteht immer die Option, das Bauwerk zu demontieren und Etage für Etage abzutragen. Ab einer Höhe von etwa 30 Metern kann dann mit einem Longfront-Bagger der Rest bearbeitet werden. Dieses Verfahren benötigt jedoch mehr zeitliche und wirtschaftliche Ressourcen. "Ein Aufwand, der im Fall der Deutschen-Welle nicht vertretbar wäre", meint Hopfe und spricht dabei auch erhöhte Sicherheitsrisiken für Bauarbeiter an.