Nach dem Abgasskandal und einem drohenden Dieselfahrverbot fragen sich viele, was unternommen wird, um den Verkehr effektiver und nachhaltig zu gestalten. Dabei wird schon seit Jahren intensiv dafür geforscht. // Von Tim Rüßmann
Einen Schwerpunkt des CDU-SPD-Koalitionsvertrages bildet der Punkt, wie unsere Mobilität in Zukunft aussehen soll. Die Bundesregierung will in den Bereich Verkehr investieren, um gesellschaftlichen Herausforderungen, wie dem demografischen Wandel oder der Urbanisierung, gerecht zu werden, heißt es in dem Vertrag. Aber wie genau bewältigt unsere Gesellschaft diese Herausforderungen, welche Konzepte gibt es und ab wann gilt Mobilität als effizient?
Den Autos läuft die Zeit davon
Seit dem Wirtschaftswunder nach dem zweiten Weltkrieg wird unsere Mobilität von Automobilen geprägt. Allein die Tatsache, dass der VW Käfer als Symbol für den Aufschwung gesehen wird, unterstreicht die Bedeutung der Autos in unserer Gesellschaft. Inzwischen befindet sie sich aber im Wandel. Die Studie "Mobilität in Deutschland" (MiD) ergab, dass sich die Verkehrsmittelwahl in den Großstädten zwischen 2002 und 2008 speziell bei jungen Erwachsenen weg vom Auto hin zum ÖPNV verschoben hat. Für Ronald Winkler, Fachreferent für Stadtverkehr im Bereich Verkehrspolitik beim ADAC, sind diese Zahlen "weniger Beleg einer rückläufigen Wertschätzung des Autos bei den jungen Erwachsenen, als vielmehr Ausdruck einer zunehmend multimodalen Verkehrsmittelwahl."
Auch für Kurt Sigl, Präsident des Bundesverbands für E-Mobilität (BEM), ist die Zeit der Verbrennungsmotoren abgelaufen. "Gerade die Verbrenner sind ausgereizt und fossile Stoffe nur noch begrenzt, dabei funktionieren elektrische Autos auch jetzt schon. Ohne den intermodalen Ansatz und die Nutzung erneuerbarer Energien werden wir gänzlich scheitern." Mit "intermodal" ist die Kombination verschiedener Verkehrsmittel gemeint. Aber 45 Millionen PKW lassen sich nicht einfach so abschaffen. E-Autos machen davon nur einen Bruchteil aus und könnten einen Wegfall noch nicht kompensieren.
Verlagerung zu ÖPNV und Fahrrad
Dabei spielt das sogenannte Mobilitätsmanagement eine große Rolle. So soll der Personennahverkehr deutlich nachhaltiger werden. Das Ziel ist, durch verbesserte Kommunikation, Information und Bereitstellung von vernetzten Diensten das Verhalten der Verkehrsteilnehmer zu ändern. Ein wichtiger Punkt ist dabei beispielsweise weniger das Auto und vermehrt den öffentlichen Nahverkehr und Fahrräder zu nutzen. Nach derzeitigem Stand könne davon ausgegangen werden, dass allein durch diese Maßnahmen fünf Prozent der Dienstfahrten auf den ÖPNV oder das Fahrrad verlagert werden könnten, bilanziert Ronald Winkler.
Car-Sharing und Co
Ein bereits jetzt zu erkennender Trend ist die Wahrnehmung von Mobilität als Dienstleistung, abgekoppelt vom Fahrzeugbesitz. Das betrifft beispielsweise Car-Sharing-Angebote. "Gerade bei den jüngeren Menschen in den Großstädten wird Nutzen statt Besitzen zum neuen Credo der Mobilität", so Winkler. Man solle nicht mehr mit dem Auto zum Bäcker um die Ecke fahren, sondern sich überlegen, welches Transportmittel man nutzt, unterstreicht Simon Funke. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) und hat bereits an Projekten, wie zum Beispiel "rem 2030", mitgearbeitet, bei dem es um die Erforschung von zukünftigen Mobilitätskonzepten geht.
TREE wählt einen anderen Ansatz
Am TREE Institut an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg beschäftigt man sich ebenfalls mit der Erforschung der effizienten Mobilität. Während andere Institute die Verkehrsinfrastruktur gestalten wollen, beschäftigt sich TREE mit dem Verbessern der Effizienz von Fahrzeugen und deren Antrieb an sich. So wird beispielsweise im Projekt Aeromat versucht, über ein Computerprogramm, effizientere und aerodynamischere Formen zu simulieren. "Auch den Forschungsprozess selber, bestehend aus Datensimulation, Modell, Vorhersage und Optimierung, wollen wir so effizient und effektiv wie möglich gestalten, indem wir nur eine begrenze Zahl an Parametern untersuchen", erklärt Alexander Hagg, wissenschaftlicher Mitarbeiter am TREE Institut. Forschungsobjekt ist dabei ein Velomobil, das sehr von seiner aerodynamischen Bauweise profitiert. Velomobile sind Liegeräder, die mit ihrer windschnittigen Verkleidung bis zu 80 Stundenkilometer ereichen können. Um das effiziente Steuern eines Elektromotors zu erforschen, wird ein zusätzlicher Elektromotor in ein Velomobil eingebaut. Die Forscher können so ermitteln, auf welchen Strecken der Energieverbrauch vermindert werden kann - ohne Zeitverlust energiesparend ans Ziel. Des Weiteren untersuchen sie die Aerodynamik der Velomobile mithilfe von Woll- oder Garnfäden. Diese werden außen an der Verkleidung angebracht und während der Fahrt mit einer, an einer Drohne befestigten, Kamera gefilmt. Mit Hilfe dieser Aufnahmen können die Luftströme dann analysiert werden, um die Verkleidung noch aerodynmischer zu gestalten.
Die Mobilität wird sich verändern
Es lassen sich bereits einige Tendenzen in der Mobilitätsentwicklung feststellen. So zum Beispiel das wachsende Verkehrsaufkommen in den Städten. Gerade aufgrund der zunehmenden Urbanisierung könnten die Städte ein Problem bekommen. Es müssen Lösungen für einen weiterhin flüssigen Verkehr gefunden sowie der ÖPNV erweitert werden. Zudem fehlen Parkplätze. Natürlich wird auch die Vernetzung aller Verkehrsteilnehmer eine große Rolle spielen. Der Datenfluss und –austausch zwischen den Teilnehmern und der Infrastruktur bergen sowohl Chancen als auch Risiken.
Im Endeffekt bringt es Simon Funke auf den Punkt: "Mobilität wird dann effizient, wenn für unterschiedliche Wege die passenden Fahrzeuge verwendet werden. Dies als Ziel anzusehen, ist jedoch auch eine nicht ganz einfache bildungspolitische Aufgabe."
Einen Artikel über ein Solar-Auto gibt es auf Technikjournal hier.
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