Werbung nervt viele Menschen in der Stadt, im Briefkasten und auch im Netz. Adblocker können Anzeigen im Internet ausblenden. Der Springer Verlag fordert nun nach einem Urteil des Oberlandesgerichts, dass sämtliche Werbung seiner Seiten trotz Blocker gezeigt wird. Aber wer blockt hier eigentlich was? // Von Felix Kemper und Fynn Koretz
Der "Axel-Springer-Verlag" verlangt vom Werbeblocker-Anbieter "Eyeo", dass die Werbeanzeigen auf seinen Internetseiten auch den Nutzern des Blockers gezeigt werden. Eyeo besteht jedoch darauf, dass die Reklame des Verlags unaufdringlich sein muss. Dann könnten sie ins Programm für akzeptable Anzeigen aufgenommen werden. Als sogenannte "Acceptable Ads" würden sie dann nicht mehr geblockt werden. Im August urteilte das Oberlandesgericht Köln über den Streit zwischen Verlag und Werbeblocker-Konzern. Es stellte fest, dass das Blocken von Werbung durch das Produkt "Adblock Plus" nicht rechtswidrig ist. Es dürfe jedoch kein Geld für das Durchlassen bestimmter Werbung gefordert werden.
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Ein besseres Internet durch geblockte Werbung?
"Adblock Plus" ist mit 51 Prozent Marktanteil der größte Werbeblocker. Mittlerweile nutzen über 100 Millionen Menschen den Service. 2011 beschloss der Anbieter "Eyeo" bestimmte Anzeigen durchzulassen. Werbung, die als "Acceptable Ad" gewertet wird, wird Nutzern trotz Blocker gezeigt. Die Firma hinter dem Werbeblocker wolle so, nach eigener Aussage, die Werbedarstellung im gesamten Internet nutzerfreundlicher gestalten.
Andreas Gadatsch, Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, denkt, dass zu aufdringliche Werbung auch ohne "Eyeo`s" Eingreifen gemieden wird. "Werbung, die mir auf dem Bildschirm offensiv ins Blickfeld springt, führt dazu, dass ich die betreffende Seite meide." Würden alle Nutzer so handeln, würden Webseiten mit zu aufdringlicher Werbung automatisch die negativen Folgen zu spüren bekommen. Die Einschätzung des Werbeblockers, wie aufdringlich die Werbung ist, würde nicht gebraucht. "Ich würde keine Software installieren, die mir die eigene Entscheidung abnimmt und lieber auf andere Dienste ausweichen, die von sich aus moderate Werbung nutzen."
Akzeptable Werbung durch Zwang
Marsha Grant ist zuständig für die Kommunikation bei "Eyeo". Sie hält das Eingreifen durch "Adblock Plus" für sinnvoll: "Unsere Erfahrung zeigt, dass Werbetreibende ihre Anzeigen nicht von heute auf morgen anpassen." Nutzerfreundlichere Werbung sei das Ziel des Blockers. Grant sieht daher eine Nachfrage der Nutzer nach einem Werbeblocker auf dem Markt. Durch die Einordnung in akzeptable Anzeigen kann Eyeo direkt auf das Aussehen von Werbung einwirken. Dies ist jedoch für die Firmen nicht immer kostenfrei. Die Kommunikationsexpertin betont, dass für 90 Prozent der Teilnehmer das Bewerten ihrer Anzeigen umsonst ist. Firmen, die mehr als 10 Millionen Euro im Monat durch ihre Werbung generieren, sollen 30 Prozent ihrer Einnahmen abgeben. Genau gegen diese "Lizenzgebühr" hat sich der Springer Verlag gerichtlich zur Wehr gesetzt. Die Einschätzung, ob Anzeigen akzeptabel sind, soll auch nicht käuflich sein. Die Eyeo-Vertreterin stellt fest: "Die Anforderungen an "Acceptable Ads" sind fest definiert und für alle öffentlich einsehbar." Werbung darf nicht den Lesefluss stören und den Text unterbrechen. Sie muss auch klar vom Hauptinhalt der Seite zu unterscheiden sein. Auch die Größen der Anzeigen werden von Eyeo vorgegeben. Diese und weitere Kriterien führt "Eyeo" online auf.
Werbewandel im Internet
Eyeo möchte diese Einstufung der Werbeanzeigen in Zukunft abgeben. So sagt Grant, dass der Prüfungsprozess transparenter werden soll. "Ein unabhängiges Komitee wird die Schirmherrschaft über die "Acceptable Ads"-Initiative übernehmen." Dass Eyeo trotzdem weiterhin auf Einnahmen angewiesen ist, bleibt sicher. Gadatsch, Forscher im Gebiet IT-Management, weiß, dass sich der digitale Markt sehr schnell wandelt. Er zieht in Betracht, dass sich Internet-Werbung in Zukunft stark verändern könnte. "Aktuell ist nicht damit zu rechnen, dass Werbeblocker an Bedeutung verlieren." Intelligentere Algorithmen können für stärker personalisierte Werbekonzepte sorgen. Diese Werbung könne für Kunden auch wieder nützlicher sein. Nutzer entscheiden selbst, wie sie mit Werbung im Internet umgehen wollen. Auch "Adblock Plus"-Nutzer haben die Möglichkeit, bestimmte Seiten zu unterstützen. Wer die Lieblingsnachrichtenseite oder favorisierte Youtuber auf eine Liste setzt, eine so genante "Whitelist", sieht deren Werbung trotz Blocker. Manche Nachrichtenseiten lassen sich hingegen mit aktiviertem Blocker gar nicht mehr besuchen. So wollen sie den Nutzer zum Umdenken bewegen.