Treppen? Kein Problem für Roboter Tango // Foto: Benjamin Freundt

Roboter, dein Freund und Helfer

Retter in der Not - wie Roboter und Drohnen bei Katastrophen helfen können, Leben zu retten; daran arbeitet das Fraunhofer Institut im Projekt TRADR. Bei einem Erdbeben in Italien wurden die Roboter bereits erfolgreich eingesetzt. Doch welche Risiken birgt diese Entwicklung? Der Soziologe und ehemalige Berufssoldat Guenter Voss warnt im Interview vor einer militärischen Nutzung. // Von Benjamin Freundt und Steffen Schurr

05.07.2017//Rettungsroboter Tango soll zusammen mit Drohnen die gefährliche Arbeit von Helfern in Katastrophengebieten unterstützen. Roboter fahren in einsturzgefährdete Gebäude, radioaktiv verseuchte Gebiete oder überallhin, wo es zu gefährlich für Menschen ist. Dort sammeln sie Daten. Aus den Daten werden dreidimensionale Modelle erstellt. So kann sich die Feuerwehr einen Überblick verschaffen und die Lage einschätzen. Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS in Sankt Augustin arbeitet zusammen mit anderen Forschungseinrichtungen und Feuerwehren aus ganz Europa daran. Als im italienischen Amatrice 2016 die Erde bebte, bewiesen sich Tango und Co als zuverlässige Stütze.

Doch Daten sammeln ist nur ein erster Schritt: Zukünftig sollen die Roboter immer mehr können; mit Verschütteten sprechen, Ventile schließen oder Hindernisse wegräumen. Technikjournal hat sich den aktuellen Stand der Rettungsroboter-Forschung einmal angeschaut.

Rettungsroboter Tango und Drohnen als Helfer in der Not - Ein Beitrag von Benjamin Freundt und Steffen Schurr

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Interview zu Chancen und Risiken von Rettungsrobotern

Arbeits- und Techniksoziologe G. Günter Voss war sechs Jahre lang Berufssoldat, bevor er Soziologie, Politologie und Psychologie studierte.

Technikjournal: Wie sehen Sie den Einsatz von Rettungsrobotern in Katastrophengebieten?

Prof. Günter Voss: Wie jeder Mensch bin ich froh, dass es Rettungsroboter gibt. Vor allem, weil in prekären Situationen keine Retter gefährdet werden, sondern stattdessen Maschinen diese Arbeit übernehmen. Aber mir, als ehemaliger Militärangehöriger, fällt dabei sofort die andere Seite ein: Dass in ähnlich unübersichtlichen Geländesituationen, Robotiksysteme nicht retten, sondern Gewalt anwenden. Ich kann das eine von dem anderen nicht ganz trennen. Auch wenn es bei der Militärrobotik immer wieder heißt, das diene dazu, verletzte Kameraden aus dem Gefechtsfeld zu holen oder Minen zu entschärfen. Das ist ok. Aber ich weiß auch, dass solche Systeme mit wenig Aufwand für andere Sachen einsetzbar sind. Die Systeme hängen technologisch miteinander zusammen.


"Der Einsatz von Rettungsrobotern ist wünschenswert, etwa auch dort wo Gesellschaften kein Geld für aufwändige traditionelle Rettungsorganisationen haben oder diese akut überfordert sind." Arbeits- und Techniksoziologe G. Günter Voss // Foto: Steffen Schurr

"Der Einsatz von Rettungsrobotern ist wünschenswert, etwa auch dort wo Gesellschaften kein Geld für aufwändige traditionelle Rettungsorganisationen haben oder diese akut überfordert sind."
Arbeits- und Techniksoziologe G. Günter Voss // Foto: Steffen Schurr

Technikjournal: Daher gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung von Roboterwissenschaftlern namens "Stopp Killerrobots"? Wie bewerten Sie dies?

Prof. Günter Voss: Es gibt mehrere solcher Initiativen. Bereits wesentlich früher haben Robotikentwickler über die Grenzen von Artifical Intelligence nachgedacht und gefordert, dass Regelungen aufgestellt werden. "Stopp Killerrobots" ist dagegen eine spezialisierte Initiative, ähnlich wie die der Bloggerin "@Roboethics"  oder die Aktion "Responsible Robotics". All dies sind wichtige zivilgesellschaftliche Initiativen, die damit auch der Politik auf die Sprünge helfen. Bemerkenswert ist es zudem und wahrscheinlich auch ein Novum, dass der Vorschlag von „Stopp Killerrobots“ vom engeren Kreis der Entwicklern kommt. Die Entwickler merken selbst, dass sie mit Artifical Intelligence problematische Werkzeuge entwickeln.

Technikjournal: Sind komplexe Entscheidungen ohne Menschen bei Robotersystemen denkbar?

Prof. Günter Voss: Ja, die sind denkbar. Beispielsweise wird in der Militärtechnik gerade daran gearbeitet, Kampfdrohnen autonome Kampfentscheidungen treffen zu lassen. Der Mensch, der aus Kalifornien die Drohne bisher noch steuert, wird dann irgendwann wegfallen.

Technikjournal: Sollen Informatiker auch soziologische Fähigkeiten in der Lehre vermittelt bekommen?

Prof. Günter Voss: Ja, Informatiker und Robotiker bitten bereits bei Soziologen um Hilfe. Das habe ich von Kollegen erfahren. Beispielweise, wie gehen die Entwickler damit um, wenn Roboter menschenähnlich aussehen?
Es ist zudem nicht neu, dass Ingenieure auch ein gesellschaftliches Wissen haben müssen. Das geht auf die 60er Jahre zurück, aber das wird jetzt wieder relevant. Viele Robotiker fordern zudem, dass interdisziplinär geforscht wird. Ob das dann im Einzelnen immer gemacht wird, ist eine andere Frage. Aber viel interessanter ist für mich die Frage, was Menschen eigentlich können müssen, um angesichts solcher Veränderungen noch Chancen zu haben? Wir sollten nicht hochspezialisierte Menschen erziehen, sondern Menschen mit einer breiten Bildung. Damit meine ich nicht, dass alle Goethe gelesen haben sollten, sondern die gesellschaftliche und moralische Bildung. Breites Wissen über Zusammenhänge und Lernen von komplexen Denkweisen mit philosophischem Hintergrund. Das ist essentiell für uns alle, die in die zukünftige technische Zivilisation hineinwachsen. Ich plädiere dafür, die Studiengänge wieder auszuweiten.


Die Autoren

Steffen Schurr

Steffen Schurr

Benjamin Pablo Freundt

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