illustrierte Spritze die gelbes Silberiodid in Wolke spritzt um Regen auszulösen

Künstlicher Regen durch Cloud Seeding

Die Fähigkeit, das Wetter zu manipulieren hört sich zunächst wie Science-Fiction an. Mit dem "Impfen von Wolken", dem Cloud Seeding, ist es möglich. Wie funktioniert der Prozess des Wolkenimpfens und was sind die Chancen und Risiken? // Von Leon Fix und Mathis Kleinschmidt

Bayern setzt Cloud Seeding in begrenztem Umfang schon seit 1976 zur Hagelabwehr ein, insbesondere in Weinbauregionen. Cloud Seeding, die gezielte Impfung von Wolken mit Chemikalien, könnte zusätzlich eine Lösung für Dürreperioden und Wasserknappheit darstellen. Laut den United Nations sind jährlich 55 Millionen Menschen von Dürren betroffen, dies wird sich durch den Klimawandel noch verschlimmern. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit potenziellen Lösungstechnologien zu befassen.

Der erste künstliche Regenfall

Vorreiter der Technologie waren Forscher der USA. 1946 gelang es dem amerikanischen Wissenschaftler Vincent Schaefer, der im Auftrag vom Konzern General Electric (GE) Wettermanipulationen erforschte erstmals zu beweisen, dass das künstliche Auslösen von Niederschlag möglich ist. Bei einem Testflug über Mount Greylock im westlichen Massachusetts, schüttete er Trockeneis in eine vorher ausgewählte Wolkenformation und lies es, ähnlich wie die Märchengestalt Frau Holle, schneien.
Die Technologie hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und heute wird Cloud Seeding in verschiedenen Regionen der Welt aktiv eingesetzt.

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Wasser für die Wüste

Die im Januar 2023 herausgegebenen Studie „The UAE Cloud Seeding Program: A Statistical and Physical Evaluation“, hat eine statistische und physikalische Einschätzung des Cloud Seeding Programms der Vereinigten Arabischen Emirate vollzogen. Laut Omar Al Yazeedi, Co-Autor der Studie und Direktor des National Centre for Meterology der Vereinigten Arabischen Emirate, regnet es durch Cloud Seeding bei klaren atmosphärischen Bedingungen um bis zu 35 Prozent und bei feuchteren Bedingungen um bis zu 15 Prozent mehr. Die größten Herausforderungen bestehen hierbei darin, die richtigen Wolken zu identifizieren.
Besonders intensiv nutzen die Vereinigten Arabischen Emirate Cloud Seeding. Etwa 80 Prozent des Landes besteht aus Wüste. In dem Golfstaat fallen im Durchschnitt weniger als 200 Millimeter Niederschlag pro Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die mittlere Niederschlagsmenge 830 Millimeter im Jahr. Im Sommer steigen die Temperaturen auf bis zu 50 Grad Celsius. Extreme Hitze durch den Klimawandel könnte das Problem der Wasserknappheit noch verschärfen. Deswegen ist Cloud Seeding für die Regierung von großem Interesse.

Cloud Seeding: Auslöser von Wetterkatastrophen?

Durch Cloud Seeding wird in den natürlichen Wetterkreislauf eingegriffen. Matthias Tesche, Meteorologe an der Universität Leipzig, schätzt die Risiken durch Cloud Seeding eher gering ein: "Zum einen halten sich die eingesetzten Aerosole lediglich wenige Tage in der Atmosphäre". Ein Problem sei es auch, zu beweisen, dass Cloudseeding tatsächlich der Auslöser für Wetterkatastrophen ist. Die Einflussfaktoren auf das Wetter seien zu komplex. Tesche ist eher vom Gegenteil überzeugt: Mit Cloudseeding sei es vielleicht sogar möglich, extreme Wetterereignisse zu vermeiden. Durch das kontrollierte Abregnen von Risikowolken könnten Unwetter in dicht besiedelten Gebieten abgeschwächt werden.
Uwe Ulbrich ist Professor, Meteorologe und Leiter der AG Klimadiagnostik und meteorologische Extremereignisse an der Freien Universität Berlin. Er sieht im Gegensatz zu Tesche Risiken von Cloud Seeding: "Bei Wolken mit hohem Gehalt an flüssigen, unterkühlten Tröpfchen kann Hagelbildung ausgelöst werden." Auch sind theoretisch sehr starke, lokale Niederschläge möglich. Anstelle der erwünschten Wirkung könne es auch an der falschen Stelle regnen, so Ulbrich.

Umweltauswirkungen von Cloud Seeding

Die langfristigen Auswirkungen der eingebrachten Chemikalien wie Silberiodid auf Ökosysteme sind noch nicht erforscht. Da Silberiodid das am häufigsten verwendete Material ist, steigert sich das Vorkommen in den Böden der Einsatzgebiete. Demnach hat eine Studie der Fakultät für Biochemie der Complutense Universität in Madrid von 2016 festgestellt, dass Silberiodid die Photosynthese bei Pflanzen beeinträchtigt. Dafür haben die Forschenden Algen und Bodenbakterien erhöhte Mengen von Silberiodid ausgesetzt und untersucht. Bei den untersuchten Algen haben gesteigerte Mengen von Silberiodid zu einer signifikanten Abnahme der Photosynthese geführt. Die Bakterienstämme wiesen eine Abnahme der Lebensfähigkeit vor.

Wem gehören die Wolken?

Durch die Niederschlagsveränderungen an einer Stelle kann es an anderer Stelle zu Trockenheit kommen, was die natürlichen Wasserkreisläufe stört. Deswegen ist nicht klar, ob Cloud Seeding überhaupt gerecht sein kann. Wem gehören die Wolken und deren Wasser? Wenn Regen künstlich ausgelöst wird, fehlt er an anderer Stelle - eine Form der Wasseraneignung. Das sieht auch Ulbrich als ein Problem der Wolkenimpfung an. So erklärt er: "Bei der Impfung zur Regenerzeugung scheint mit vor allem ein politisches Risiko zu bestehen: der Verdacht benachbarter Regionen, dass ihnen Regen gestohlen wird."

Konflikte um Wasser

Das ist deshalb ein Problem, da arme Länder oder Regionen oft nicht die Mittel für teure Cloud-Seeding-Programme haben, was zu einer Ungleichverteilung der Ressourcen führen kann. Es gibt wenig internationale Regeln, die den Einsatz von Cloud-Seeding über Grenzen hinweg regeln. Dies könnte dann in der Folge zu Konflikten um Wasser zwischen Staaten führen. Ulbrich sieht keine Möglichkeit, die Befürchtung des „gestohlenen“ Regens aus der Welt zu schaffen. Allerdings steht er der Wirksamkeit von Cloud Seeding ohnehin skeptisch gegenüber: "Entweder die Maßnahmen sind wirksam, dann ist ja tatsächlich weniger Feuchtigkeit in der Luft, und damit Evidenz, dass jemand weniger abbekommen könnte - oder sie sind unwirksam. Dann sollte man es lassen." so der Meteorologe.

Teaserbild: Wolken mit Silberiodid-Spritze// Quelle: Mathis Kleinschmidt

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Autorenfoto Mathis Kleinschmidt

Mathis Kleinschmidt

Leon Fix

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