Kunststoff im Boden

Projekt iMulch gegen Plastikböden

Konventionelle Agrarflächen weisen eine rund dreifach höhere Mikroplastikbelastung auf als ökologisch bewirtschaftete Flächen. Das haben Untersuchungen im Rahmen des Projekts iMulch, koordiniert vom Institut für Energie- und Umwelttechnik ergeben. Auf jedem Hektar deutscher Ackerfläche befinden sich rund 460g Kunststoff. Hochgerechnet beträgt die Kunststoffmenge im Boden rund 5500 Tonnen. // von Roman Hansen und Darja Galperin

Themen wie Mikroplastik und Kunststoffe in der Umwelt gewinnen mit der global steigenden Kunststoffproduktion an Relevanz. Bislang liegt der Fokus auf der Kunststoffbelastung der aquatischen Ökosysteme. Doch auch die Böden leiden enorm unter dem Einfluss von Kunststoff. Ein möglicher Gefahrenherd sind die in der Landwirtschaft großflächig genutzten Mulchfolien, die das Pflanzenwachstum beschleunigen und die Erträge steigern. Laut Doktor Michael Sander, Professor an der ETH Zürich, sind konventionelle Mulchfolien insbesondere dann ein Problem, wenn sie sehr dünn sind. Diese können nach der Nutzung nicht vollständig eingesammelt werden und verbleiben so teils im Boden.

So funktionieren Mulchfolien

Mulchfolien werden zunächst großflächig auf den Feldern ausgelegt, sodass der Boden bedeckt ist. Eine Mulchfolie besteht aus zwei Seiten. Einer schwarzen Seite, welche den Boden durch Sonneneinstrahlung aufwärmt und so vor Frost schützt. Bei der weißen Seite verhält sich das anders. Sie reflektiert die Sonneneinstrahlung und sorgt dafür, dass der Boden nicht austrocknet oder überhitzt. Ralf Bertling ist Diplom-Ingenieur beim Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht). Laut ihm haben Mulchfolien den Vorteil Unkrautwachstum zu bremsen, Bodenerosion zu reduzieren und vor Schädlingen zu schützen. Ähnlich wie Michael Sander sieht auch Ralf Bertling die Gefahr, dass Mikroplastik in den Boden gelangt und so für Schäden im Bodenökosystem sorgt.

Das Projekt "iMulch"

Das Projekt "iMulch" entwickelt Methoden um die Auswirkungen und Folgen von Kunststoffen in Böden zu ermitteln. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Projektes lassen Ackerfolien auf der Bodenoberfläche bei konstanter Temperatur und unter dem Einfluss von UV-Licht künstlich altern. Während des Prozesses werden in unterschiedlichen Bodentiefen Proben entnommen. Dadurch wird der Anteil folienstämmiger Kunststoffpartikel ermittelt. Zum Vergleich werden Bodenproben von Feldern genommen, bei denen die Verwendung von Mulchfolien bereits bekannt ist. So können projektinterne Ergebnisse der Böden mit realen Böden verglichen werden. Getestet werden erdölbasierte als auch biologisch abbaubare Kunststofffolien.

Mulchfolien – Forschung und Kosten

Die Untersuchungen sollen Aufschluss über die Bodenbelastung durch Kunststoffe geben. Des Weiteren soll herausgefunden werden, ob biologisch abbaubare Folien einen ökologischen Vorteil bieten. Aus rein ökonomischer Sicht könnten bioabbaubare Mulchfolien schon bald an Attraktivität gewinnen. Denn laut Professor Doktor Michael Sander fallen für das Einsammeln und die fachgerechte Entsorgung konventioneller Folien hohe Kosten an. Würden diese in die Kalkulation der Gesamtkosten einfließen, könnten bioabbaubare Folien, die in der Anschaffung teurer sind, an Nachfrage gewinnen. Das vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Land NRW geförderte Projekt läuft noch bis 2022. Bis dahin werden weitere Tests durchgeführt, um ein endgültiges Fazit zur Bodenbelastung durch Kunststoff zu ziehen.

Ackerflächen bedeckt von Mulchfolien

Ackerflächen bedeckt von Mulchfolien // Quelle: hadi-gartenbau

Die Eintrittswege des Mikroplastik

Sowohl Plastikfolien als auch die Ausbringung von Klärschlamm und Komposten gelten als potentielle Eintrittswege für Mikroplastik in Böden. Mikroplastik aus Kosmetika, Reinigungsmitteln und synthetischen Textilien gelangen direkt ins Abwasser. Rund 95% dieser Partikel durchlaufen die Kläranlagen und landen dann im Klärschlamm. Ein Viertel dieses Klärschlamms wird als Dünger auf den Feldern genutzt. Durch den Reifenabrieb von Autos schätzt das Fraunhofer Institut UMSICHT, dass zudem etwa ein bis anderthalb Kilogramm Mikroplastik in den Boden gelangen. Auch die Haltbarkeit des Stoffes ist ein enormes Problem. Konventionelle Kunststoffe sind chemisch sehr stabil. Sie zersetzen sich nicht oder nur sehr langsam und nur in immer kleinere Teilchen. Bis die Plastikpartikel vollständig zersetzt sind, können mehrere Jahrzehnte oder Jahrhunderte vergehen.
Hohe Dosen einiger Kunststoffpartikel können sowohl dem Boden als auch den darauf lebenden Pflanzen und Tieren enorm schaden. Denn Plastik hat einen großen Einfluss auf den Stickstoffkreislauf und das gesamte Ökosystem.

Gefahren von Plastik im Boden

Plastik im Boden führt zu gravierende Folgen im Ökosystem. Durch Plastik gelangt mehr Sauerstoff in die Böden, was die Atmung bestimmter Bakterien hemmt. Dadurch entstehen Schadstoffe, die vermehrt in die Atmosphäre gelangen und damit den Klimawandel beeinflussen. Dies wirkt sich wiederum auf den Stickstoffkreislauf aus. In Nähe der Wurzel unterscheidet sich die Flora vom umliegenden Boden. Durch die herausstehenden Plastikfäden treffen die Wurzeln auf weniger Widerstand, da das Mikroplastik den Boden auflockert. Plastik in Reinform ist im direkten und im chemischen Sinne nicht besonders giftig. Allerdings können Zusatzstoffe wie etwa Weichmacher negative Auswirkungen auf Bodenprozesse und Bodenbewohner wie zum Beispiel Regenwürmer haben.

Der Stickstoffkreislauf

Der natürliche Stickstoffkreislauf beschreibt die Wanderung und Umsetzung von Stickstoff auf der Erde. Stickstoff ist in jedem lebenden Organismus (Bakterien, Pflanzen, Pilzen oder Tieren) enthalten. So können sich Zellen nur erneuern, wenn sie mit Stickstoff versorgt werden.

Elementarer Stickstoff ist für die meisten Organismen nicht verwertbar und wird deshalb im Stickstoffkreislauf in andere Formen wie Ammonium-Ionen (NH4+) oder Nitrat (NO3-) umgewandelt. Vor allem für die Pflanzen ist es essenziell für ihr Wachstum. Deshalb durchläuft Stickstoff im Stickstoffkreislauf vier zentrale Schritte:

Stickstofffixierung
Nitrifikation
Denitrifikation
Ammonifikation

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Der Stickstoffkreislauf // Infoquelle: bmbf, studyfix Bildquelle: Darja Galperin

Projektaussicht

Laut Hoschulprofessor Michael Sander fließen aktuell die meisten Forschungsgelder jedoch in Projekte, die das Problem der Plastikbelastung beschreiben. Nach Sander "müssen [wir] uns vermehrt auch Gedanken über Lösungen machen, denn es ist bereits klar, dass Plastik in der Umwelt ein großes Problem darstellt." Diplom-Ingenieur Ralf Bertling schlägt zum Beispiel vor über die generelle Verbrennung von Klärschlamm nachzudenken und das Folienrecycling zu verbessern. Dickere und mehrfach nutzbare Folien könnten hier eine Lösung sein. Das Projekt iMulch läuft noch bis 2022 weiter. Bis dahin werden weitere Tests durchgeführt, um ein endgültiges Fazit zur Bodenbelastung durch Kunststoffe zu ziehen.

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iMulch Projektpartner // Infoquelle: imulch Bildquelle: Darja

Teaserbild: Plastikflasche im Boden // Quelle: unsplash

Die Autoren

Roman Hansen

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Darja Galperin

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