Bis 2035 sollen 7 bis 10 Millionen Elektroautos durch Deutschland fahren. Diese müssen alle geladen werden. Dafür bedarf es einiger Änderungen, denn aktuell reicht das Stromnetz nicht für die zukünftigen Anforderungen. // Von Rebecca Hahn
Mit einem Lächeln auf dem Gesicht fährt Burkhard Plattner auf das Gelände der Autostadt Wolfsburg. Er hat eine Kamera im Gepäck und trägt seine neuen Nummernschilder in einer Tasche bei sich. Heute darf er sein Elektroauto abholen. „Mit dieser App kann ich genau meine Rückfahrt planen. Ich muss nämlich zwei Mal laden.“, erklärt er mit einem breiten Lächeln und wippt dabei ein bisschen auf und ab.
Damit ist er nicht der Einzige, der sich 2020 ein neues Elektroauto zulegt. Über 130.000 Elektroautos fahren bereits durch Deutschland, Tendenz steigend, verraten Zahlen von Statista . Und das ist auch nicht verwunderlich. Elektroautos werden vom Bund stark gefördert. Auch das neue Konjunkturpaket zielt darauf ab. Die Förderung liegt aktuell bei bis zu 9.000 €. Außerdem spart man auch bei der Steuer, da man die ersten 10 Jahre gar keine KFZ-Steuern zahlen muss, wenn man sich bis Ende 2020 einen Elektrowagen kauft.
Das Problem mit der Reichweite
Es spricht also wenig gegen ein Elektroauto, sollte man sich aktuell einen Neuwagen zulegen. Wenn da nicht das Problem mit dem Laden wäre. Die maximale Reichweite, von 451 Kilometern, erreicht momentan der Tesla Model X 100D nach aktuellen ADAC Tests. Das heißt man kann mit dem Tesla von Köln nach Magdeburg fahren, ohne einmal zu laden. Danach ist Schluss. Aber soweit kommen die anderen Hersteller bisher noch nicht und für Vielfahrer ist das ein großer Minuspunkt.
Fast 19.500 Ladesäulen gibt es aktuell in Deutschland. Die Ladesäulen unterscheiden sich voneinander und wenn das Auto die Schnelllade-Funktion unterstützt, dann dauert das Laden nur eine halbe Stunde bis Stunde. Durch die Schnellladefunktion können die Batterien mehr Strom auf einmal speichern. Aktuell unterstützen in Deutschland aber nur vier Modelle diese Funktion, da die Technik auch mehr kostet. Bei einer klassischen öffentlichen Ladesäule dauert der Ladevorgang zwei bis vier Stunden. An der eigenen Steckdose zuhause sind es acht bis 14 Stunden, zumindest, wenn man nicht über eine eigene Wallbox verfügt. Diese wird vom Stromversorger angebracht und beinhaltet ein spezielles Ladekabel für Elektrofahrzeuge. Dadurch lassen sich die Autos genauso schnell Laden wie an einer Ladesäule.
Industrie und Regierung in Deutschland müssen zusammenarbeiten
Um die Ziele der Energiewende einhalten zu können brauchen wir in Europa im Jahre 2030 6,2 Millionen Elektroautos. Markus Emmert vom Bundesverband eMobilität berät seit 20 Jahren die Politik und die Betreiber zum Thema erneuerbare Energien und seit 11 Jahren zur E-Mobilität. Er ist der Meinung, dass Elektroautos die Zukunft seien, aber nur, wenn diese auch komplett CO2-neutral produziert werden.
„Die Frage ist, ob Industrie und Regierung zusammenarbeiten, um das Ziel zu erreichen. Nach aktuellem Stand sieht es schwierig aus, weil viele Akteure sich viel Zeit lassen und nicht konsequent handeln.“, antwortet Emmert darauf. „Außerdem ist beim Ausbau der Netzte nicht nur die Hardware wichtig. Auch beim Entwickeln von künstlichen Intelligenzen, die den Storm intelligent verteilen und beim Ausbau der Speicherung der Netzte, wird bisher zu wenig getan.“
Bis 2030 sollen sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen sein. Zumindest ist das der Plan der Bundesregierung, um den Verkehr klimafreundlicher zu gestalten. Das wären mehr als das 50-Fache im Vergleich zu heute. Durchschnittlich fährt ein Auto 30 km am Tag. Das wäre ein Stromverbrauch von ca. 31 Millionen Kilowattstunden pro Tag.
Das aktuelle Stromnetz genügt den Anforderungen des Jahres 2035 nicht
Burkhard Plattner sitzt auf dem Fahrersitz und drückt auf den Knopf zum Starten des Wagens. Man nimmt kaum eine Veränderung wahr und dann rollt der Wagen auch schon los. Leise wie eine Katze schlängelt er sich über die Straßen und beschleunigt schon dabei deutlich schneller als ein Verbrenner. Das Fehlen der gewohnten Motorgeräusche ruft erst einmal ein unwirkliches Gefühl hervor. „An die Beschleunigung muss ich mich erst noch gewöhnen.“, erzählt Plattner. „Aber die Ruhe liebe ich jetzt schon!“
Aktuelle Prognosen machen deutlich wie viel noch getan werden muss. Nach Angaben von Statista müssen in Deutschland ca. 280 000 Kilometer Leitungen ausgebaut werden. Auch die Bundesnetzagentur stimmt dem zu. „Das aktuelle Netz genügt den Anforderungen des Jahres 2035 voraussichtlich nicht. Durch Netzentwicklungspläne wird ermittelt welche Ausbaumaßnahmen notwendig sind, damit das Netz in Zukunft zum Stromsystem passt. Künftig wird es verstärkt darauf ankommen, wie in Stunden oder an Tagen die Versorgung mit Elektrizität sichergestellt wird, in denen nicht ausreichend Strom aus Erneuerbaren Energien zu Verfügung steht“, erklärt Michael Reifenberg.
Deutschland möchte komplett auf erneuerbare Energien umsteigen bis 2040. Aktuell sind es 55,9 Prozent nach täglichen Zahlen des Frauenhofer Instituts.
Bis jetzt braucht sich Burkhard Plattner darum keine Sorgen zu machen. Er fährt mit seinem Elektroauto in die Garage, steigt aus und öffnet den Tankdeckel. An der Wand, neben einem Sicherungskasten, hängt ganz unscheinbar und ordentlich aufgerollt das Kabel in seiner Wallbox. Herr Plattner steckt es in die Ladebuchse, hinter dem Tankdeckel. Zufrieden lächelnd geht er ins Haus.