Popit

Pille vergessen - muss das wirklich sein?

Häufig vergessen Patienten die Einnahme ihrer zum Teil lebenswichtigen Medikamente, deshalb greifen einige bereits auf digitale Erinnerungshilfen. Dabei ist fragwürdig, wie effektiv und genau diese technischen Hilfsmittel sind. // Von Ormila Nouri und Kristin Schnell

Im Jahr 2017 nutzten rund 20 Prozent der US-Amerikaner Erinnerungs-Apps zur Medikamenteneinnahme. Dieser Trend regte finnische Unternehmer dazu an das Unternehmen Popit zu gründen. Aus eigener Erfahrung wussten sie, wie schwierig es ist täglich daran zu denken, notwendige Medikamente einzunehmen. Laut der World Health Organisation (WHO) nimmt die Hälfte der Patienten ihre Medikamente nicht nach Rezept ein. So kamen die Gründer von Popit auf die Idee, Sensortechnik mit einer App zu koppeln, um an die Einnahme zu erinnern und sie zu dokumentieren.

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Erinnerung per App

Der sogenannte Clipper wird an dem jeweiligen Medikamenten-Blister angebracht. Eine App erinnert an die Einnahme und speichert, ob und wann eine Tablette entnommen wird. Dazu nutzt der Clipper die enthaltene Sensortechnik, indem das eingebaute Mikrofon auf Geräusche und Erschütterung der Blisterpackung reagiert. Jürgen Apfelbeck ist Professor für Elektrotechnik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und bemängelt, dass die Funktion eines solchen Clippers nur in Kombination mit der App gelingen kann. Das sei für Nutzer, welche nicht so sicher im Umgang mit dem Smartphone sind oder sogar kein Smartphone besitzen, nicht möglich.

Medizineinnahme nicht garantiert 

Apfelbeck kritisiert auch die Genauigkeit der App. Die Erinnerung an die Einnahme und auch die registrierte Entnahme garantiere nicht, dass die Arznei auch tatsächlich eingenommen wurde. Die Überprüfung der Einnahme könnte ebenfalls mit Hilfe der App erfolgen, allerdings erklärt der COO-Founder Timo Heikkilä des Popit-Unternehmens: ''Wir wollen niemanden überwachen oder kontrollieren. Die App dient lediglich zur Unterstützung des Nutzers." Laut der WHO haben in den vergangenen Jahren insgesamt nur 30 Prozent der Menschen, die täglich auf Medikamente angewiesen sind, ihre Mittel auch genommen, so kann die digitale Hilfe möglicherweise Leben retten.

Technologien mit Sensoren

Auch Vorwerk hat ähnliche Technologien: Orgatec 2004. Der Orgatec 2004 ist ein Teppich mit Sensorentechnik, bei dem Unterboden und Oberschicht des Bodenbelags mit einem Netz aus Mikrochips und Sensoren ausgestattet sind. Er registriert beispielsweise Druck, Wärme oder Vibrationen von Menschen und leitet diese Daten über ein Signal weiter. Den notwendigen Strom liefert ein externes Netzteil. Die Mikroprozessoren verarbeiten die Position, während Sensorflächen Belastungen registrieren. Sämtliche Daten aus dem Netzwerk wandern zu einem extern angeschlossenen PC. Durch das Auswerten der vom Teppich erfassten Daten kann er zum Beispiel den Sturz einer Person vom normalen Gehen oder Stehen unterscheiden und in Notfällen ein Notarzt oder einen Rettungswagen benachrichtigt werden.

Kein Blister, nur Dosen

In Ländern wie Finnland und England bietet die Pharmaindustrie bereits Verpackungen mit einem integrierten Clipper an oder rät den Patienten zum Kauf des Geräts und zur Installation der App, um den Überblick zu behalten. Obwohl die USA und Kanada am meisten Gebrauch von der App machen, ist die Nutzung dort schwieriger. Da die Medikamente dort überwiegend in Dosen abgefüllt werden, gestaltet sich das Anbringen des Clippers komplexer. Popit und andere Firmen haben sich vorgenommen, einen Sensor zu entwickeln, der auf das Öffnen des Dosendeckels reagiert. So können Betroffene die App auch hier nutzen. Ashfield Engage, ein US-amerikanischer Engagement- und Kommerzialisierungspartner für die Gesundheitsbranche, will gemeinsam mit Popit an zukünftigen Projekten arbeiten.

 

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Foto: Vor- und Nachteile von popit // Quelle: popit // Bild: Kristin Schnell

Teaserbild: Medikamente nicht mehr vergessen // Kristin Schnell

Die Autoren

Ormila Nouri

Kristin Schnell

Kristin Schnell

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