EMS-Training

EMS-Training – Fit durch Stromimpulse

Die Corona Fallzahlen sinken und Fitnessstudios öffnen wieder. Das stetig populärer werdende EMS-Training bietet eine Alternative zum konventionelle Krafttraining an und das in kürzerer Zeit. Technikjournal hat es getestet. //Von Maxim Politow und Daniel Klein

Muskeln wachsen durch einen Reiz, der in der Ruhephase regeneriert wird. Damit sich der Muskel nicht an den gesetzten Reiz gewöhnt, wird dieser stetig erhöht, um neue Stimuli zu setzten. Das gelingt bei konventionellem Kraftsport durch höheres Gewicht. EMS-Training, was für Elektro-Muskel-Stimulation-Training steht, funktioniert auf dieselbe Art und Weise. Hier wird jedoch die Intensität nicht durch ein Gewicht, sondern durch die Intensität von Stromimpulsen gesteuert.

Stromimpulse für die Muskeln

Die Stromimpulse stammen von Elektroden in der EMS-Trainingskleidung. Gelangen die Impulse an die Muskeln, ziehen sie sich zusammen. Dabei werden die Muskelkontraktionen des konventionellen Trainings nachgeahmt. "Hierbei unterscheidet der Muskel nicht, ob die Kontraktion vom Gehirn des Trainierenden stammt oder von einer externen Ursache, wie der des Stromimpulses", so Erika Steiniger, EMS-Trainerin und ehemalige Reha- und Physiotherapeutin in der ATOS MediaPark Klinik Köln. Dieses Phänomen nutzt das EMS-Training aus – der Muskel wird deutlich öfter gereizt, als es bei regulären Trainingseinheiten möglich ist.

Unterschiede des EMS-Trainings

Der Hauptunterschied zwischen konventionellem Krafttraining und EMS-Training liegt in der Koordination der Übungen. Auch wenn EMS-Trainierende Übungen ausführen, wird die Intensität durch die Stromimpulse reguliert. Beim Krafttraining dagegen muss physisch mehr Gewicht bewegt werden. Auch in Bezug auf andere Sportarten ist es wichtig, dass EMS-Training zwar für ein Muskelwachstum und mehr Stärke sorgen kann, aber die Sportler:innen nicht zwingend in ihrer Sportart besser werden. Das liegt an der Koordination und der damit verbundenen Technik, die nicht durch EMS-Training trainiert werden kann. Auch ist die Frequenz der Muskelstimulation beim EMS-Training um einiges höher als es ohne EMS möglich ist.

EMS-Training spart Zeit

Das EMS-Training dauert in den meisten Fällen 20 bis 30 Minuten. Im Vergleich dazu trainieren laut einer Statista-Umfrage in Deutschland rund 52 Prozent der Befragten zwischen eineinhalb und zwei Stunden am Tag im Fitnessstudio. Über 20 Prozent trainieren hingegen zwischen 30 Minuten und einer Stunde und 20 Prozent verbringen mehr als zwei Stunden mit dem Training im Studio. Das EMS-Training spart also durchschnittlich mehr als die Hälfte der üblichen Zeit einer regulären Trainingseinheit und bietet somit eine Trainingsvariante für Menschen mit wenig Zeit.

Höherer Kalorienverbrauch

Nicht nur der Muskelaufbau kann durch EMS-Training erhöht werden, auch eine Gewichtsreduktion ist durch die hohe Intensität erleichtert. Durch EMS-Training können in einer 20-minütigen Einheit bis zu 615 Kilokalorien verbrannt werden. Im Vergleich dazu liegt eine 20-minütige Joggingeinheit bei rund 270 Kilokalorien. Das hängt allerdings vom Individuum ab und ist nicht pauschalisierbar, da das eigene Körpergewicht und das Tempo stark variieren können. Somit birgt EMS-Training durch die Menge der verbrauchten Kalorien in Kombination mit einer ausgewogenen Ernährung große Potenziale zur Gewichtsreduktion.

Niedrige Gelenkbelastung

Für das EMS-Training wird im Gegensatz zum regulärem Krafttraining weniger Equipment gebraucht. Viele andere Trainingsmethoden kommen jedoch mit noch weniger bis gar keinem Equipment aus.
Beim EMS-Training wird die entsprechende Kleidung mit den Elektroden angelegt. Langhanteln, Bänke oder Gewichte sind nicht nötig. Die zu tätigende Leistung wird nicht von der Kleidung übernommen, wie es oftmals in Infomercials angepriesen wird. Man führt unterschiedliche Übungen aus wie Sit-ups, Kniebeugen oder Unterarmstützen, die durch das nun fehlende Gewicht dabei noch gelenkschonend sind. Dabei wird oft in bestimmten Positionen verharrt, in denen bestimmte Muskelgruppen angespannt werden und die Stimulation der Muskeln durch die Elektroimpulse zusätzlich intensiviert wird.

EMS-Training mit Personal Trainer:in

EMS-Trainingseinheiten werden durch eine:n Personal-Trainer:in angeleitet, die die Trainierenden persönlich betreuen und ihren Trainingsfortschritt sichern. Beispielsweise stellt der oder die Trainer:in die Stromimpulse richtig ein. Dies bestätigt auch Sportwissenschaftler und Gesundheitsexperte Ingo Froböse, Professor an der Deutschen Sporthochschule Köln. Auf der Fibo 2017 unterstreicht er die Notwendigkeit des Personal-Trainers: "Das wichtigste Qualitätsmerkmal ist natürlich die Betreuung. Und hier würde ich mir eine Relation, Trainer:in zu Trainierenden, von eins zu zwei wünschen, maximal. Besser sogar eins zu eins." Denn nur dann können die Trainer:innen richtig kontrollieren und die richtige Trainings- und Belastungsintensität definieren. Denn vor allem die Belastungsintensität ist das wichtigste Sicherheitskriterium.

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Teurer Spaß

EMS-Trainingseinheiten mit Personal-Trainer:in kosten 90 bis 120 Euro im Monat. Zum Vergleich: Die monatlichen Gebühren in günstigen Fitnessstudios starten bei zehn Euro. Die stetige Weiterentwicklung der Anzüge sorgt immer wieder für eine Erneuerung der Trainingsmethode. Beispielsweise gibt es mittlerweile EMS-Anzüge mit Akkus, wodurch das Training praktisch überall absolviert werden kann. Doch ob einem das EMS-Training überhaupt gefällt und ob sich die Zeitersparnis für die vergleichsweise hohen Kosten überhaupt lohnt, kann bei einem vereinbarten Probetraining persönlich bestimmt werden.

Körperliche Risiken

Eine Studie der Sporthochschule Köln zeigt, dass die CK-Werte, welche für das Enzym Creatinkinase stehen, bei EMS-Trainingseinheiten um bis zu 18-mal höher ansteigen können als bei regulärem Training. Dieses Enzym, kann zu Nierenschäden führen, ist aber für den Energiestoffwechsel der Muskelzellen essentiell.
Chris Carstensen, langjähriger EMS-Trainer, sieht EMS-Trainingsanzüge für zuhause aufgrund körperlicher Risiken auch kritisch: "Man kann sich sehr schnell und sehr viel kaputt machen im Körper, wenn man nicht aufpasst. Genauso ist eine Professionalität bei den Anzügen von Nöten. Das wirkt sich jedoch auch deutlich auf den Geldbeutel aus."

Technik ist fehleranfällig

Durch ständige Rücksprache über Belastbarkeit, Müdigkeit und Schmerzen können die Personal-Trainer:innen die richtige Stromstärke und das Intervall einstellen. Überschätzen sich die Trainierenden jedoch oder vertrauen sie die Übersicht der Einstellung einer unerfahrenen Person an, kann dies zu tragischen Unfällen führen. Nach einem Stromschlag bei einer EMS-Trainingseinheit wurden einer Frau 2016 beide Schultern ausgerenkt und sie erlitt an den Oberarmköpfen Trümmerbrüche. Sie verklagte den Betreiber des EMS-Fitnessstudios daraufhin und verlangte Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro. Diese Schäden geschahen durch eine zu hohe Einstellung der Stromstärke.

Übertraining und Muskelkater

Ausgeglichenes EMS-Training ist unter Aufsicht von erfahrenen Trainer:innen unbedenklich. Bei EMS kann es um einiges schneller zu einem Übertraining kommen, was sich dann als Muskelkater bemerkbar macht. Das spricht auf der einen Seite für die Effektivität des Trainings, jedoch kann ein besonders starker Muskelkater dafür sorgen, dass die nächste Trainingseinheit verschoben werden muss. EMS-Trainier Chris Carstensen ergänzt: "Kurz vor dem Training sollte man einen halben Liter Wasser zu sich genommen haben, aufgrund des intrazellulären Wasserhaushaltes können die Impulse besser geleitet und gespürt werden." Das sei vor allem für Anfänger:innen wichtig, da sie oftmals nicht merken, dass sie genug Reize gesetzt haben und es dann zum Übertraining, beziehungsweise Muskelkater käme.

Für alle – aber nicht für jeden!

"Das EMS-Training ist durch die Stromimpulse, die für kurze Zeit starken Einfluss auf den Körper haben, nicht für jeden geeignet. Menschen mit metallischen Implantaten, Herzrhythmusstörungen, Herzschrittmachern, aktiven Implantaten oder Schwangeren wird von EMS-Training abgeraten und nur mit ausdrücklicher Erlaubnis eines Arztes in Erwägung zu ziehen", so EMS-Trainerin Steiniger. Sollte Interesse bestehen, gibt es in so gut wie jeder Stadt einen Anbieter für EMS-Training. Dort kann ein Probetermin ausgemacht werden und jeder kann persönlich schauen, ob es einem gefällt und wie der eigene Körper darauf reagiert.

 Teaserbild: EMS-Training im Einsatz // Quelle: Daniel Klein

Die Autoren

Maxim Politow

Daniel Klein

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