Container-Analyse 2.0

Frachtcontainer sind eine beliebte Möglichkeit um Schmuggelware über Grenzen in andere Länder einzuschleusen. Die Container auf Gefahrstoffe wie Sprengstoff, Drogen, Waffen oder radioaktive Materialien zu kontrollieren gestaltet sich mit der steigenden Anzahl von transportierten Gütern zunehmend schwierig. Eine neue Technologie soll Inspektoren zukünftig unterstützen und diese Kontrollen sicherer machen. // Von Patrick Mühling und Philip Hohn

Aktuell werden Kontrollen überwiegend von Menschen durchgeführt. Doch mit zunehmendem Güterverkehr ist es nicht mehr möglich, die Fracht jedes einzelnen Containers zu überprüfen. Das Ziel des internationalen Forschungsprojektes C-Bord (Effective Container Inspection at Border Control Points) ist es, bei der Entscheidung zu helfen, ob ein Container geöffnet wird oder nicht. Das Risiko für Inspektoren soll dadurch erheblich verringert werden, da sie deutlich seltener in Kontakt mit Schadstoffen kommen. Außerdem wird der Transport von Gütern an Grenzübergängen beschleunigt, da mehr Container in derselben Zeit geprüft werden können.

So funktioniert C-Bord

Die Inspektion der Güter wird in zwei Analyseverfahren aufgeteilt. Die sogenannte "First Line Inspection" sieht vor, die Gummidichtungen der Container mit Lanzen zu durchstechen. Dabei wird Luft aus dem Inneren des Containers abgesaugt, wodurch leicht flüchtige, sogenannte volatile Stoffe, analysiert werden können. Spezielle Sensoren sind mit einem bindenden Protein ausgestattet, das auf unterschiedliche Stoffe reagiert.

Die Kombination von Bindung und Reaktion von Protein und Stoff ergibt eine charakteristische Struktur beziehungsweise einen "Fingerabdruck" für das jeweilige Material. Dieser wird dann mithilfe eines Programms ausgewertet und in der Datenbank analysiert. Dieses Verfahren nennt sich EBD und steht für Evaporation Based Detection.

Weniger Risiko für Inspektoren

An großen Umschlagplätzen ist es unmöglich, jeden einzelnen Container auf Schmuggelware zu überprüfen.

An großen Umschlagplätzen ist es unmöglich, jeden einzelnen Container auf Schmuggelware zu überprüfen.
Quelle: David Gilbert (Pexels.com)

Das Risiko bei Inspektionen soll dadurch erheblich verringert werden, da die Analyse der volatilen Stoffe eine Aussage über den Zustand des Gases innerhalb des Containers zulässt. So können Inspektoren im Vorfeld die etwaige Gefahrensituation, ausgehend von gesundheitsschädlichen Substanzen, einschätzen. Ihnen ist es möglich sicherere Kontrollen durchzuführen und eine größere Menge von Containern zu überprüfen, da nicht jeder Container geöffnet und entladen werden muss.

First Things First, Second Things Second

Zusätzlich zur EBD kann auch Röntgenstrahlung eingesetzt werden. Die Strahlung kann Objekte mit hoher Geschwindigkeit innerhalb eines großvolumigen Körpers identifizieren. Ein Container kann dabei innerhalb von nur zehn Sekunden komplett räumlich dargestellt und analysiert werden. Die moderne Röntgen-Methode ist dabei in der Lage, Stoffe genauer als bisherige Röntgenanalysen zu erkennen, da sie diese anhand ihrer Ordnungszahl im Periodensystem klassifiziert. Da Objekte innerhalb des Containers auf dem Bildschirm nur zweidimensional dargestellt werden können, ist es allerdings oftmals schwierig, die dreidimensional gescannten Objekte auszulesen und zu identifizieren. Daher wird dieser sogenannte Next Generation Cargo X-Ray meist direkt am Anfang als erster Routine-Scan durchgeführt.

Unterschiedliche C-Bord-Methoden

Die Verfahren von C-Bord sind jeweils für unterschiedliche Bereiche anzuwenden. Quelle: Hohn/Mühling

Der Teufel steckt im Detail

Können durch die Analysen der First Line Inspection Gefahrstoffe innerhalb des Containers nachgewiesen werden, ist es den Beamten möglich, sich mithilfe der sogenannten Second Line Inspection ein genaueres Bild von der Situation machen. Die Second Line Inspection besteht aus zwei unterschiedlichen Verfahren: Photofission und dem Tagged-Neutron-Inspection-System (TNIS). Diese zwei Verfahren sind jedoch wesentlich aufwendiger und werden nicht für vollständige Container-Scans eingesetzt.

Next Generation Cargo X-Ray macht die Fracht innerhalb der Container sichtbar.

Next Generation Cargo X-Ray macht die Fracht innerhalb der Container sichtbar.
Quelle: C-BORD (Erlaubnis wird nachgereicht, sobald der Bericht autorisiert wurde. Dies gilt für alle C-BORD Quellen)

Beim sogenannten Photofission-Verfahren werden radioaktive Materialien mit hochenergetischer Röntgenstrahlung angeregt, wodurch eine spontane Kernreaktion ausgelöst wird. Diese beginnen eine für das Material charakteristische Strahlung zu emittieren, die anschließend gemessen und der Substanz zugeordnet werden kann.

Um zu vermeiden, dass diese Strahlung Menschen in der Umgebung gefährdet, befindet sich die Anlage in einem speziellen Tunnel in Rotterdam, durch den die Container automatisch durchgeführt werden. Der Nachteil des Photofission-Verfahrens ist, dass die Technik nicht mobil ist, da die Strahlung nicht vollständig abgeschirmt werden kann.

Analyse eines LKW-Containers mit TNIS

Stoffe innerhalb des Containers werden durch die Tagged-Neutron-Methode analysiert.
Quelle: C-BORD

Beim Tagged-Neutron-Verfahren werden mithilfe eines Generators Neutronen erzeugt, die beim Auftreffen auf Stoffe eine Reaktion hervorrufen, die innerhalb des Containers Gammastrahlung freisetzt. Die von den Stoffen emittierte Strahlung kann anschließend analysiert werden und liefert dadurch eine Charakterisierung des Materials.

Das Verfahren ist sehr aufwändig und es dauert eine längere Zeit, um ganze Container aufs Genaueste zu analysieren. Dies ist jedoch nicht notwendig, da durch das vorherige Röntgenbild nur noch Auffälligkeiten mit dem Tagged-Neutron-Verfahren genauer inspiziert werden. Komplette Container werden deshalb mit den anderen Verfahren analysiert.

Keine Chance für Gefahrstoffe

Durch die verschiedenen Verfahren, die jeweils für unterschiedliche Stoffgruppen ausgelegt worden sind, lassen sich eine Reihe von Gefahrstoffen und illegalen Materialien nachweisen. Mithilfe von C-Bord sind Kontrolleure in der Lage die meisten dieser Stoffe direkt zu erkennen und dadurch die Einfuhr ins Land zu unterbinden. Stoffe, die C-Bord erkennen kann, sind zum Beispiel Drogen, Tabakwaren, radioaktive Elemente, Personen und Sprengstoff.

EU finanziert Projekt

Professor Dr. Peter-Michael Kaul

Professor Dr. Peter-Michael Kaul ist Projektleiter für C-BORD an der HBRS Rheinbach.
Foto: Patrick Mühling und Philip Hohn

Das Projekt wird durch das EU-Förderprogramm Horizon 2020 finanziert. Insgesamt forschen knapp 80 Menschen in 19 verschiedenen Standorten in neun europäischen Ländern an der Technologie für C-Bord. Seitdem das Projekt im Juni 2015 startete, flossen rund 3,6 Millionen Euro in die Entwicklung. Horizon 2020 stellt europaweit insgesamt rund 79 Milliarden Euro für Projekte in den Bereichen Forschung und Innovation bereit. Das Förderprogramm zu C-Bord läuft noch bis ins Jahr 2020. Neben der Universität Manchester und der Universität Padova ist auch die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS) mit ihrem Institut für Detektionstechnik und Sicherheitsforschung am Projekt beteiligt. Laut Professor Dr. Peter-Michael Kaul, Projektleiter und Beauftragter im Institut für Detektionstechnologien und Sicherheitsforschung an der HBRS, soll die Technologie für TNIS (Tagged Neutron Inspection System) und Photofission in den nächsten zehn bis 15 Jahren marktreif sein und an großen Häfen oder Zollstationen eingesetzt werden können.

"Zukünftig ist auch der Einsatz der verschiedenen C-Bord Verfahren im Bereich der Air-Cargo-Container-Analyse geplant", sagt Peter-Michael Kaul. In diesem Bereich werden große Container mithilfe von Flugzeugen transportiert.

C-Bord ist bereits mehrfach an den Standorten Rotterdam und Danzig getestet worden. Die Ergebnisse dieser Tests sind jedoch noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Technikjournal wurde lediglich mitgeteilt, dass diese Tests erfolgreich verlaufen sind und dass C-Bord definitiv eine Bereicherung für die aktuellen Kontrollen darstellen wird.

Teaserbild Quelle: Pixabay; Distel 2610 (Autor), Free for commercial and non commercial use

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Autorenfoto von Patrick Mühling

Patrick Mühling

Autorenfoto von Philip Hohn

Philip Hohn

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